: Der Profi im Hintergrund
Kristin Heyne ist neue Landeschefin der Grünen in Hamburg. Sie soll die GAL aus dem Jammertal führen
Sie ist klein, zierlich und nordisch zurückhaltend. Für eine Politikerin ist Kristin Heyne (49) sehr unauffällig. Als Parlamentarische Geschäftsführerin musste sie nicht auffallen, denn als solche organisiert sie die Bundestagsfraktion im Hintergrund. Seit dem Wochenende genügt das nicht mehr: Denn seitdem ist Kristin Heyne die erste alleinige Vorsitzende der Hamburger Grünen (GAL). Sie ist die erste Chefin des dortigen Landesverbandes, die nebenher ein Mandat als Bundestagsabgeordnete hat. Und sie ist die erste, die sich nicht „Sprecherin“ nennen muss, sondern richtig „Vorsitzende“ heißen darf.
Kristin Heyne wird das freuen, denn um den heißen Brei herumreden ist ihre Art nicht. Es war eine Bedingung für ihre Kandidatur, dass es keine Doppelspitze mehr gibt. Denn solch institutionalisierter Streit stört sie. Zuweilen hat sie sich bei Parteifreunden beklagt, wie zeitraubend die andauernde Kompromissfindung zwischen Rezzo Schlauch und Kerstin Müller in der Bundestagsfraktion ist. Dabei gilt die Zusammenarbeit der beiden als für grüne Verhältnisse ausgesprochen gut.
Doch als Parlamentarische Geschäftsführerin muss Heyne die Arbeit der Fraktion im Detail vorbereiten. Und so fällt der Streit an der Doppelspitze in ihre Zuständigkeit.
So etwas wollte sie in Hamburg nicht haben. Und die Hamburger Grünen wollten es auch nicht mehr. Ihre Wahlniederlage führen sie einmütig auf einen desorganisierten Wahlkampf zurück, auf „organisierte Verantwortungslosigkeit“. Da besann man sich auf Heyne, die die Bundestagsfraktion so gut managt, dass sich kein Grüner fände, der die tatkräftige und kompetente Frau nicht lobt. So einen Profi brauchen die Hamburger. Und so ist Heyne die erste klassische Vorsitzende der GAL.
Ihre politische Karriere verdankt sie dagegen gerade den grünen Prinzipien, die haufenweise unprofilierte Leute in die Politik gespült haben: Rotation und Frauenförderung. 1986 entschloss sich die Partei in Hamburg, eine reine Frauenliste aufzustellen. Es ist ohnehin oft schwer genug bei den Grünen, genug gestandene Frauen für die Wahlliste zu finden. Bei der Frauenliste wurde es bereits bei den Nachrückerplätzen eng.
Heyne war eine von ihnen, Krista Sager, die ehemalige Senatorin und heutige Fraktionschefin in Hamburg auch. 1989 rotierte Heyne in die Frauenliste hinein, 1994 wurde sie Hamburger Spitzenkandidatin für den Bundestag. Zwar sagt Heyne als Reala immer klar ihre Meinung, aber sie hat dabei eine leise Art, die nicht unnötig verletzt.
Die gelernte Lehrerin hat Mathematik und Theologie studiert. Präzision, Moral und eine klare Haltung kennzeichnen ihren Politikstil. Doch sie ist keine Visionärin. Auch wenn ihr neuer Reparaturjob an der Partei in Hamburg dies zunächst nicht erfordert – ganz ohne wird es auf Dauer nicht gehen.
Gut möglich, dass sie auch in diese Ansprüche hineinwächst. Denn Heyne ist eine zähe Kämpferin. Zweimal schon musste sie für längere Zeit pausieren – und den Krebs in ihrem Körper niederkämpfen. Und mit ihrem Amt als Einfachspitze in Hamburg setzt sie auch ein Signal für die Bundestagsfraktion: Vielleicht wird sie schon bald keinen Streit mehr zwischen Schlauch und Müller moderieren müssen. Spätestens wohl nach der Wahl nicht mehr. MATTHIAS URBACH
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