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Firma packt sich die Kuh in den Tank

Tierkörperverwertungs-Unternehmen will seine Fahrzeugflotte mit Biodiesel aus Schlachtabfällen betanken. Das sei ökonomischer, als das Fett ungenutzt zu verbrennen. Die konventionelle Biodiesel-Lobby befürchtet Imageschaden

BERLIN taz ■ Noch läuft die Anlage auf Probebetrieb. Die Freigabe fehlt, heißt es. In den nächsten Tagen soll jedoch der endgültige Startschuss kommen. Dann wird im mecklenburg-vorpommerschen Malchin regulär Biodiesel aus dem Fett von Schlachtvieh hergestellt. Zunächst 13 Millionen Liter jährlich.

„Eine Tonne Fett ergibt fast eine Tonne Kraftstoff“, erklärt Claus Michael Andreas, Pressesprecher der Saria Bio Industries AG und Co. Das europaweit tätige Unternehmen (Selm) betreibt in Deutschland zehn Tierkörperbeseitigungsanlagen, die von der Konzerntochter Rethmann Entsorgung beliefert werden.

Auf die Idee mit dem Biodiesel gekommen ist Andreas, weil „man das im Prinzip wertvolle Fett nicht mehr anderweitig verwerten darf“. Hintergrund ist das seit der BSE-Krise bestehende Verbot, die bei der Verarbeitung von Schlachtabfällen anfallenden Produkte zu verkaufen. Während das früher verfütterte Tiermehl nun in Kraftwerken oder der Zementindustrie verbrannt wird, gehen die Fette bislang nur zu einem kleinen Teil an die chemische Industrie. Im Malchiner Werk sollen sie nun zu Treibstoff umgeestert werden. Der so entstandene Biodiesel entspricht der DIN-Norm 51606 und ist zu 98 Prozent biologisch abbaubar.

„Der Metzger verwertet nur noch 50 Prozent eines Schlachttiers“, sagt Andreas. „Wenn er dem Kunden den Fettrand vom Schnitzel abschneidet, dann holen wir oder andere Entsorger ihn ab.“ Die so anfallende Menge reiner Proteine, die unter hohem Kostenaufwand erzeugt wurde, einfach so zu verbrennen sei aber unökonomisch. Ein Problem sei eher, dass sich die meisten Menschen Biodiesel nur als Rapsprodukt vorstellen können und befürchten, dass demnächst BSE-kranke Kühe oder schlimmer noch das Lieblingshaustier zu Treibstoff werden könnten. Das hält Andreas für absurd: „Dieser Biodiesel wird nur aus den Schlachtabfällen genusstauglicher Tiere hergestellt, also aus dem Rest von dem, was wir im Supermarkt kaufen.“ Haus- und Labortiere würden grundsätzlich verbrannt.

Ohnehin wird der Endverbraucher noch auf den Biodiesel warten müssen. Bislang handelt es sich bei dem Malchiner Produkt um eine reine Testreihe. Zunächst sollen 800 Lkws der 4.000 Fahrzeuge umfassenden Rethmann-Flotte von dem Biodiesel angetrieben werden. Das Projekt wird von Experten der Universität Rostock und der Fachhochschule Stralsund begleitet. Erst wenn man weiß, wie sich der Kraftstoff verhält, will man entscheiden, ob er auch für „Firmen mit eigenem Tankstellennetz“ oder gar für den Privatkunden interessant ist.

Bei der Ufop, der Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen, sieht man das Projekt skeptisch. Dieter Bockey, Mitarbeiter der Geschäftsführung, befürchtet „einen Imageschaden“ für den ansonsten mit gelb blühenden Rapsfeldern assoziierten Biodiesel, wenn die Malchiner Variante frei verkauft würde. Trotzdem gibt er zu, dass „es im Lichte der Ressourcenschonung ein Gebot der Stunde ist, solche Abfälle zu nutzen – Fette gehören zu den energiereichsten Produkten, die es gibt“. ELKE WITTICH

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