Versteckspiel total überflüssig

■ Alles außer Good-Time Music: Hans Platzgumer in der Astra-Stube

Pop-Musiker wollen meistens nur die eigene Spur verwischen, wenn sie sich Pseudonyme und lus-tige Projektnamen ausdenken: Identitätenspiele, neckische Publikumsverwirrung, und die Platten klingen am Ende doch alle gleich.

Bei Hans Platzgumer ist es andersrum. Der hat so viel komplett unterschiedliche Musik gemacht in seiner 14-jährigen Karriere, dass es wesentlich verwirrender wäre, wenn überall der gleiche Name draufstünde. Platzgumer-Platten sind nie Updates zu irgendeinem Vorgänger, sondern Funksignale aus einem persönlichen musikalischen Universum, das weiter expandiert. Man muss aufpassen, das man sich nicht in Aufzählungen verliert, wenn man sein Schaffen zusammenfasst.

So zum Beispiel: Mit Aura Anthropica hat er fluffigen TripHop mit agitatorischen Polit-Texten gemacht. Als Separator produziert er stompenden Techno-House, mit den DivinitésIrritées greift er zurück auf den Electro-Sound der experimentellen Achtziger. Am kuriosesten erscheinen in Hans Platzgumers Werkkanon dabei ausgerechnet die Platten seiner Gitarren-Band HP Zinker, die ihn Anfang der neunziger Jahre in den USA und in England bekannt gemacht haben.

Motörhead-Sänger Lemmy hat mal gesagt, dass er bei Tumulten im heimischen Schlafzimmer am liebsten HP Zinker auflegt. Verhängnisvolle Affären müssen das sein, denn Good-Time-Musik ist das einzige, was Platzgumer nie gemacht hat. Weil er Künstler ist und kein Unterhalter. Klassische Gitarre und Elektro-Akustik hat der vor 32 Jahren in Innsbruck geborene Platzgumer studiert – scheinbar nur, um 1987 mit dem Lo-Fi-Album „Tod der CD“ alles über den Haufen zu werfen, was er an den Hochschulen gelernt hatte.

Sechs Jahre Aufenthalt in New York und Los Angeles genügten dann, um ihn einerseits zum Indie-Star zu machen und ihm andererseits die Lust am kommerziellen Musik-Business auszutreiben. „Unerträglicher Karrierezwang, das totale kapitalistische Denken“, resümierte er seinerzeit, zog nach Hamburg und wurde Teilzeit-Mitglied bei den total antikapitalistischen Goldenen Zitronen.

Heute hat er in der Nähe von München ein eigenes Studio, produziert für das Electronica-Label Disko B und geht manchmal auf Reisen, um Freunden zu assistieren. Für Tocotronic zum Beispiel schrieb er bei Plattenaufnahmen in Frankreich wundervolle Streicher-Arrangements. Vor kurzem hat Platzgumer das Album Denial Of Service veröffentlicht, auf dem er die Verweislinie zwischen Drum'n'Bass und Jazz mit so verspulter Präzision zeichnet, wie das die Kollegen aus London bis heute nicht geschafft haben.

Die Platte erschien unter seinem vollständigen, korrekten Namen. Noch ein Indiz dafür, dass es dem Künstler Hans Platzgumer um alles Mögliche geht, nur nicht ums Versteckspiel. Joachim Hentschel

Sonnabend, 22 Uhr, Astra-Stube