: Fernsehentzug gab's nie
■ Die Putzplan-Aktion der taz: Eine Mutter berichtet über Klo-Saubermachen, Staubsaugen, Mon Cherie-Kaufen und Tim & Struppi-Laufen in den 70er Jahren
Wir waren Vater, Mutter, Tochter, Sohn und ein kleiner Hund. Und es musste sauber sein. Ich sagte dazu: „Auch wir sind eine Wohngemeinschaft. Einer hilft dem anderen und lässt sich nicht bedienen. Das gilt auch für euch Kinder.“ Aber natürlich nicht für den kleinen Hund.
Das ganze „Gedöns“ liegt heute etwa 25 bis 30 Jahre zurück. Ich war Mitte dreißig, die Kinder etwa um die zehn. Ich hatte gerade das Buch „Madame und ihr Management“ von Christine Collange gelesen und sogleich in die Tat umgesetzt.
War ich zu streng? Oder schon zu fortschrittlich? Meine Kinder neigen heute – sie sind jetzt 37 und 40 Jahre alt – eher zu Ersterem. Egal – ich finde es auch heute noch wichtig, dass in einer Familie oder in einer WG alle zusammen die schönen und weniger schönen Dinge machen.
Und so sah unser Plan aus. Tanja mußte montags die Küche wischen und Andreas Mickey Mouse oder den neuen Tim & Struppi beim „dicken Onkel“ (Anm. d. Red.: Das war wohl der Mann vom Kiosk) holen. Am Dienstag brachte Tanja den Müll runter, Andreas sollte eine Stunde mit dem Hund raus. Mittwochs war meine Tochter mit Einkaufen dran: Ein Oberländer Brot und eine Pfund Leberwurst muss-ten her. Der Sohn putzte derweil Waschbecken und Klo. Donnerstags war Tanja mit Gassi gehen dran, während Andreas ein Zimmer staubsaugen mußte. Freitags saugte Tanja ein anderes, während Andreas zwei Pakete Chips einkaufte.
Natürlich haben auch wir Eltern angepackt. Vater ging sowieso morgens und abends mit dem Hund hinaus. Und Mutter – das bin ich – machte den Rest.
Irgendwie muss sich die Mühe der Kinder ausgezahlt haben. Aufgrund der „guten Ausbildung“ bekam mein Sohn später einen begehrten Job am Flughafen – zum Flugzeugputzen. Und die Tochter hat heute ein Katze – muss also nicht mehr mit dem Hund raus. Und wenn sie nach Hause kommt, kritisiert sie meine verrottete Küche und die „Schimmelbrut“ im Kühlschrank. Wer hätte das gedacht! Wie man sieht, ist auch ein „Putzplan“ – wie alles im Leben – zweischneidig.
Das leidigste war für alle der „Hundegang“. Mein mitleidiges Herz übernahm das deswegen schon mal, weil ich gerne draußen war. Aber dafür mussten die Kleinen „Extras“ erledigen wie Holz und Torf reinholen (war sehr verhasst). Oder, wenn die Läden schon geschlossen hatten, für Mutter Mon Cheries vom Bahnhof holen, die wir natürlich alle zusammen auffraßen.
Wenn ich zurückdenke, klappte es ganz gut. Fernsehentzug konnte ich nie verhängen – so weit reichte mein Einfluss nicht. Und einmal sagte mir ein Lehrer: „Ihr Sohn hat ja ein ganz besonders gutes soziales Verhalten.“ Na bitte!
Sigrid Schönecker
Die Putzplan-Aktion der taz läuft weiter! Wer weiter über seine schönsten, schrecklichsten und skurilsten Sauber-Aktionen in WG und Familie berichten möchte, schickt seinen Putzplan-Bericht bitte an: taz Bremen, Putzplan-Redaktion, Schlachte 1, 28195 Bremen
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