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Adieu, Westliches Westfalen!

Der Landesparteitag hat es geschafft: Nach 55 Jahren vollzieht die SPD in Nordrhein-Westfalen die Konstituierung ihres Bundeslandes nach. Die Bezirke wurden aufgelöst, der neue Landesvorsitzende gleich mit einem Besen ausgestattet

von PASCAL BEUCKER

Am Schluss ging alles glatt. Einstimmig beschlossen die über 430 Delegierten des SPD-Landesparteitages am Samstag in Münster die Gründung ihres neuen Landesbezirks Nordrhein-Westfalen. Die traditionsreichen vier SPD-Bezirke Ostwestfalen, Westliches Westfalen, Mittel- und Niederrhein, die bisher den Landesverband gebildet hatten, gehören der Geschichte an. Nach 55 Jahren hat die führende Partei an Rhein und Ruhr damit die Konstituierung des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen nachvollzogen.

Zwei Jahre hatte der bisherige SPD-Landeschef Franz Müntefering nach den desaströsen Kommunalwahlen 1999 für seine Parteireform gekämpft und sich dabei mehr als einmal eine blutige Nase geholt. Lange hatte sich ausgerechnet Müntefering Heimatbezirk Westliches Westfalen erbittert gegen die Auflösung gesperrt. Nun war es nur noch eine Formalie, ohne größere Diskussionen. „Wir haben uns nichts geschenkt, sondern hart um den richtigen Weg gerungen“, sagte Müntefering in seiner Parteitagsrede rückblickend.

Es war seine letzte Rede als Landesvorsitzender. Nun will er sich ganz auf seine Aufgabe als SPD-Generalsekretär konzentrieren. Sein Nachfolger an der Spitze des mit Abstands stärksten SPD-Bezirks ist der nordrhein-westfälische Arbeits- und Sozialminister Harald Schartau. Der ehemalige Chef der nordrhein-westfälischen IG Metall bekam bei seiner Wahl 421 Stimmen, drei Delegierte votierten mit Nein, neun enthielten sich der Stimme. „Ich habe eine Gänsehaut“, kommentierte Schartau das Ergebnis. Von seinem Vorgänger bekam er einen roten Besen und eine Schubkarre mit Zement und Bauutensilien geschenkt und einen Rat mit auf den Weg: „Das Traditionshaus SPD muss renoviert und modernisiert werden, damit sich Leute in ihm weiter heimisch fühlen.“

Als seine wichtigste Aufgabe hatte Schartau zuvor in seiner Bewerbungsrede die Vorbereitung der Kommunalwahlen 2004 bezeichnet, damit die SPD dort verlorenes Terrain zurückgewinnen könne. Außerdem wolle er das Gewicht der Landes- gegenüber der Bundespartei stärken. Die NRW-SPD habe mehr als 205.000 Mitglieder und stelle damit 30 Prozent der Parteimitglieder in der Bundesrepublik. „Das ist ein Pfund, mit dem wir wuchern können“, so Schartau.

Eine neue Struktur hat die NRW-SPD nun, die Politik bleibt dieselbe. Es müsse spannend sein und wieder Spaß machen, in der SPD mitzumachen, hatte Müntefering am Anfang des Reformprozesses vor zwei Jahren gesagt. Davon ist die Partei – auch mit ihrem neuen Vorsitzenden – noch weit entfernt.

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