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„Um 22 Uhr wird geschlossen“

Bei einer Vollversammlung an der FU begründet der Uni-Präsident die Räumung der Mensa in der vergangenen Woche. Die streikenden Studis erlauben sich ein paar Buhrufe

Langzeitstudenten sind vielen Wissenschaftspolitikern ein Dorn im Auge. Und wenn der Nachwuchs dann auch noch nachts in der Hochschule bleiben will, gibt es kein Pardon. „Die Universitätsgebäude werden um 22 Uhr geschlossen“, erklärte gestern Peter Gaehtgens, Präsident der Freien Universität (FU). Ansonsten müsse geräumt werden. Und dies bleibe auch in Zukunft so, betonte Gaehtgens vor einer Vollversammlung von 600 Studierenden der FU.

Rund eine Stunde nach Beginn der Versammlung war der grauhaarige Herr im Anzug fast heimlich in den großen Hörsaal der Silberlaube in Dahlem gekommen. Genau zum richtigen Zeitpunkt. Die Studenten bewunderten gerade ein Video vom vergangenen Dienstag. Da war die zu Beginn des Uni-Streiks besetzte Mensa geräumt worden, ebenso wie zuvor der große Hörsaal. Die Polizei hatte der dortige Hausherr gerufen. Und der heißt Gaehtgens.

Diesmal kam der Präsident auf Einladung des Asta. Daher musste auch erst abgestimmt werden, ob der Film weiterlaufen oder Rede und Antwort des Geladenen gewünscht sei. Die Mehrheit erteilte dem Präsidenten das Wort. Und reihte sich später in die schier endlose Schlange der Fragesteller.

Den Studenten geht es unter anderem um Bildungsabbau. Denn die EU-Ministerkonferenz hat an diesem Wochenende das Gats-Abkommen (General Agreement on Trade in Services), darunter auch die Privatisierung von Unis, diskutiert. Demzufolge könnten Konzerne wie Disney, Bertelsmann oder die Warner Brothers in den Bildungsmarkt einsteigen. Disneyland als Universität erregt seit vergangenem Montag europaweit die studentischen Gemüter. Neue private Unis würden die alten im Wettbewerb dazu zwingen, Studiengebühren einzuführen, fürchtet der Akademikernachwuchs. Gaehtgens verwahrte sich zwar auch gegen die Ökonomisierung der Universität. Denn „Bildung kann man nicht einkaufen“. Gleichzeitig unterstrich er aber die Notwendigkeit „alternativer Finanzierungswege“.

Allgemeines Gelächter und Buhrufe erntete der Präsident, als er sich zur umstrittenen Rasterfahndung äußerte: „Ich weiß ja nicht, wie Ihre Meinung zum 11. September ist.“ Auf jeden Fall verteidigte er nochmals die Herausgabe personenbezogener Daten von Studenten an die Sicherheitsbehörden – schon bevor dies vom Landgericht abgesegnet wurde. Brav und geduldig fragten die Studierenden weiter. Hoffentlich sind sie vor 22 Uhr fertig geworden. NIX/IWO

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