piwik no script img

Klappen ohne Babys

■ In Niedersachsen noch kein Kind abgegeben

Zwei Monate vor der Eröffnung der ersten Bremer Babyklappe im St. Joseph-Stift werden die ersten Erfahrungen mit Babyklappen in Niedersachsen bekannt: Dort ist im ersten Jahr nach ihrer Einrichtung kein Kind abgelegt worden. Einzige Ausnahme: Eine Mutter legte Ende Juni ihr Neugeborenes an einem Fahrradständer am Friederikenstift in Hannover ab – wenige Meter von dem Babykörbchen entfernt. „Das rechnen wir immer als abgegebenes Kind“, sagte Gabriele Arndt-Sandrock, Sprecherin der Evangelisch- lutherischen Landeskirche Hannovers.

Die Landeskirche betreibt das Körbchen im Rahmen des niedersächsischen Hilfsnetzes „Mirjam“. Babyklappen wurden im Januar in Nordhorn, im April in Osnabrück und im November in Braunschweig eingerichtet.

Im hannoverschen Fall hatte die Mutter das Babykörbchen in einem Nebengebäude vermutlich nicht gefunden. Die Kirche brachte daraufhin Wegweiser an.

Zwischenzeitlich ermittelte die Staatsanwaltschaft Hannover wegen Kindesaussetzung. Das Verfahren wurde jedoch inzwischen eingestellt, der Junge lebt heute bei einer Adoptivfamilie. Außerdem hätten sich dank „Mirjam“ neun Mütter vor der Geburt bei einem Notruf gemeldet.

Obwohl in Nordhorn und Osna-brück noch kein Säugling anonym abgegeben wurde, bewertet der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) als Mitbetreiber der Einrichtungen das Angebot als Erfolg: „Die Idee ist nicht: Entledigt Euch Eurer Kinder“, sagte die Geschäftsführerin des SkF Osnabrück, Rita Nolte. Vielmehr sei die Klappe ein besonders niedrigschwelliger Eintritt in Beratung.

Frauen nutzen etwa die Klingel der im Kinderheim St. Johann eingerichteten Babyklappe oder rufen die angegebene Hotline an. Sie fragen: „Was wäre, wenn ich mein Kind da reinlegen würde – ich will mich nur mal erkundigen“, berichtete Nolte. Auf diese Weise kämen intensive Beratungen zu Stande, die letztendlich zu einer besseren Lösung als der anonymen Abgabe des Säuglings führten, etwa zur amtlichen Adoption – mit Bekanntgabe aller Daten.

Auch ohne Kinder müsse das Angebot weiter bestehen, um Aussetzen oder Töten ungewollter Kinder zu verhindern, sagte Nolte. Auch die Landeskirche Hannover überlegt laut Arndt-Sandrock derzeit nicht, das Babykörbchen wieder abzuschaffen. dpa/taz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen