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Weihnachtsgeschenke für Kabila jr.

EU verspricht Wiederaufnahme der Entwicklungshilfe für den Kongo, die seit zehn Jahren gesperrt war. Weltbank erwägt Schuldenerlass und Fonds zur Demobilisierung von Milizen. Kabila wird als Stabilitätsfaktor gehätschelt wie einst Mobutu

aus Brüssel FRANÇOIS MISSER

Die EU wird im Januar ein auf sieben Jahre angelegtes „indikatives Programm“ zur Zusammenarbeit mit der Demokratischen Republik Kongo unterzeichnen. Nicht ohne Mühen erreichte die belgische EU-Ratspräsidentschaft diese Entscheidung beim EU-Gipfel in Laeken am vergangenen Wochenende. Noch am 10. Dezember waren die EU-Außenminister sich nicht einig geworden, die seit Mobutu-Zeiten eingefrorene Entwicklungshilfe für den Kongo wiederaufzunehmen.

Widerspruch kam damals vor allem von der EU-Komission. Sie sagte, erst müsse der „innerkongolesische Dialog“ zwischen den Kriegsparteien und zivilen politischen Gruppen des zerfallenen Landes zu einem Abschluss kommen. Die Regierung von Präsident Joseph Kabila erfülle bei Fragen der Menschenrechte, der Demokratie und des Rechtsstaats nicht die üblichen Bedingungen. Es sei auch nicht angesagt, einer Regierung zu helfen, die nur 40 Prozent ihres Staatsgebiets kontrolliert, den Rebellen im Rest des Kongo aber nicht.

Entscheidend für den Sinneswandel in Laeken war die Unterstützung von Italien, Spanien und Frankreich für das belgische Ansinnen, Kongos Präsidenten Joseph Kabila mittels Hilfszusagen zu „stabilisieren“. Kabilas Wirtschaftspolitik – Ende des Monopols im Diamantenhandel und Haushaltsdisziplin – gefällt den Geldgebern. Sie behandeln Joseph Kabila wie den jungen Joseph Mobutu kurz nach seinem von Belgien und den USA unterstützten Militärputsch 1965. Ihm wurde damals geholfen, den damals noch in weiten Teilen von lumumbistischen Rebellen kontrollierten Kongo unter Kontrolle zu bringen und damit für Investoren zu sichern.

Das Engagement der EU ist dennoch gering. 120 Millionen Euro werden dem Kongo mit seinen 50 Millionen Einwohnern versprochen – zum Vergleich: Malawi, mit 11 Millionen Einwohnern, kriegt 345 Millionen. Als Grund wird in EU-Kreisen „begrenzte Mittelabflussfähigkeit“ des Kongo genannt.

Doch der EU-Beschluss hat eine Dynamik geschaffen, die jetzt bei einer Geberkonferenz der Weltbank ihre Fortsetzung findet. Bei dem Treffen, das gestern Abend zu Ende gehen sollte, wurde über den Umgang mit Kongos Auslandsschulden sowie mittelfristige Hilfsprogramme gesprochen. In einem zweiten Gebertreffen über die Demobilisierung irregulärer Milizen im Kongo, vor allem ruandische Hutu-Milizen, einigten sich die Teilnehmer am Mittwoch darauf, so schnell wie möglich einen von der Weltbank vorgeschlagenen Fonds von 400 Millionen Dollar für ein Entwaffnungs- und Reintegrationsprogramm im Afrika der Großen Seen aufzulegen.

Aber es ist nicht sicher, ob solche generösen Absichtserklärungen den Erwartungen gerecht werden. Die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ (MSF) regte sich in einer Pressekonferenz zum Auftakt der Geberkonferenz darüber auf, dass Hilfsprojekte für Kongos Not leidende Bevökerung noch immer strikten Kriterien unterworfen sind, und verlangte eine Verdreifachung der humanitären Hilfe.

In einem Bericht legte MSF Ergebnisse einer Untersuchung der Lebensumstände in vier kongolesischen Provinzen auf beiden Seiten der Waffenstillstandslinie vor. 37 bis 80 Prozent der untersuchten Bevölkerungen seien ausgeplündert worden, hieß es. In der Zone um Basankusu im Westen des Kongo sei fast ein Zehntel der Bevölkerung innerhalb eines Jahres gestorben; davon wurden nur vier Prozent direkt umgebracht, der Rest starb an den Folgen von Plünderung, Nahrungsmittelknappheit und Seuchenausbreitung. In allen Gebieten nähmen Unterernährung, Malaria, Tuberkulose und Schlafkrankheit rapide zu.

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