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Besucher vom Dienst

Schillz-Affäre: Senat räumt auf bohrende SPD-Fragen gar merkwürdige Vorgänge auf dem Senatorenflur der Innenbehörde ein  ■ Von Sven-Michael Veit

Die Antwort lautet „Nein“. Kurz und mit Sicherheit korrekt wurde jetzt die Frage des SPD-Abgeordneten Dirk Kienscherf beantwortet, ob „dem Senat vergleichbare Fälle aus der Vergangenheit bekannt“ seien? Denn hätte es diese zu früheren Zeiten gegeben, wäre in Hamburg von einem sozialdemokratischen Filz-Skandal gesprochen worden. Jetzt ist es „Schillz“.

In der Affäre um Bodo Theodor Adolphi und Dirk Nockemann, Bürgerschaftsabgeordnete der Schill-Partei, bohren nun die Sozialdemokraten Kienscherf und Michael Neumann genüsslich weiter. Nockeman ist Büroleiter von Innensenator Ronald Schill, der pensionierte Kriminalbeamte Adolphi war auf eine noch undurchsichtigere Weise als „Berater“ des Innensenators in der Behörde tätig, verfügte über ein Dienstzimmer und führte wie auch immer geartete „dienstliche“ Gespräche sowohl persönlich wie telefonisch.

Nach dem Hamburger Wahlgesetz dürfen jedoch Abgeordnete nicht zugleich als Stabsmitarbeiter eines Senators tätig sein, da sie als Parlamentarier ja eigentlich Behörden kontrollieren sollen. Bereits Ende November hatte es deshalb eine hitzige Debatte in der Bürgerschaft gegeben, in der die Rechts-Koalition die Schillz-Praktiken gegen Vorwürfe von SPD und GAL verteidigt hatte.

Als Mitarbeiter der Behörde war Adolphi jedoch nie angestellt gewesen, wie der Senat jetzt einräumen musste. „Die persönliche und unentgeltliche Beratung erfolgte für den Präses der Behörde für Inneres. Die zeitweilige und kurzfris-tige Nutzung eines vorübergehend leerstehenden Dienstzimmers ist in diesem Zusammenhang zu sehen“, beschied der Senat nun Kienscherf. Zudem wird eingeräumt, dass Adolphi „als Besucher“ Zutritt zum Senatorenflur erhalten habe.

Der Zugang zum Gebäude am Johanniswall ist gemeinheim scharfen Sicherheitskontrollen unterworfen. Selbst zwei EU-Parlamentarier mussten vor rund zwei Jahren vor der Wachloge ausharren, weil ihre Namen auf der Besucherliste fehlten. Derweil wunderte sich der damalige Senator Hartmuth Wrocklage (SPD), dass seine beiden Gäste nicht eintrafen.

Neumanns Frage hingegen, ob Adolphi als Besucher mit Dienstzimmer an Dienstbesprechungen des Senators teilgenommen habe, wird abschlägig beschieden: „Fragen zu Details interner Arbeitsabläufe“ würde der Senat „auch aus Gründen des Datenschutzes“ grundsätzlich nicht beantwortet.

Nach taz-Informationen hat Schill zu mehreren internen Besprechungen Nockemann und auch Adolphi mitgenommen. Bedenken hochrangiger Mitarbeiter gegen Adolphis Anwesenheit aus Gründen der Vertraulichkeit soll der Senator zurückgewiesen haben. In mindestens einem Fall habe sich Schill zur Entscheidungsfindung mit Nockemann und Adolphi zurückgezogen. Der Beschluss des Dreierrats sei dem inzwischen ausgeschiedenen Staatsrat Dirk Reimes (SPD) auf einem selbstklebenden Post-it-Zettel mitgeteilt worden, den Adolphi an Reimers Bürotür pappte.

Seit dem Machtwechsel in Hamburg werden in dieser Stadt eben andere Saiten aufgezogen.

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