: Im Kosovo gibt es jetzt Eurokonten
von ROLAND HOFWILER
Mit der Einführung des Euro hat sich im Kosovo die Bankenwelt mit einem Schlag verändert. Bislang gab es in der von den Vereinten Nationen verwalteten jugoslawischen Provinz eigentlich kein richtig funktionierendes Bankensystem. Die Mehrheitsbevölkerung der Albaner traute den jugoslawischen Geldinstituten nicht, und wer etwas gespart hatte, versteckte sein Geld irgendwo im Haus oder vergrub es im Garten. Damit ist nun Schluss. Die Umstellung auf den Euro zwingt die Menschen, ihre Verstecke zu leeren und ihr Erspartes auf die Bank zu bringen. Denn nur so können sie es in Euro umtauschen.
Zum Erstaunen der Bänker wurden in den letzten Dezembertagen an die 100.000 Sparkonten neu eröffnet. Im Wert von 511,3 Millionen Euro zahlten die Kosovaren ihre deutschen, schwedischen oder französischen Banknoten ein. Manch einer betrat dabei zum ersten Mal in seinem Leben eine Bank.
Schon im September 1999 hatte die UNO-Verwaltung die deutsche Mark zur Hauptwährung erklärt und den jugoslawischen Dinar abgeschaft. Damit war die Mark in Priština und Prizren ebenso zu Hause wie in Berlin und Frankfurt. Doch kaum ein Albaner wollte das neue Geld auch anlegen. Skeptisch beäugten die Menschen die Eröffnung der ersten Niederlassungen deutscher Großbanken. Das Misstrauen war groß, mit einem Konto könnten sie verraten, woher ihr Erspartes stamme, ob aus dunklen Geschäften oder aus Schwarzarbeit im Westen.
Diese Angst scheint jetzt überwunden zu sein – notgedrungen. Bänker vor Ort wollen auch bemerkt haben, dass in den vergangen Tagen vor allem Geschäftsleute aus dem angrenzenden Serbien und Mazedonien ins Kosovo reisten, um ihre alten Scheine und Münzen in neues Euro-Geld zu wechseln. Größere Geldbewegungen vermelden auch die Nachbarrepubliken Montenegro und Bosnien. In Montenegro gilt seit 1. Januar ebenfalls der Euro als einziges Zahlungsmittel, in Bosnien wird die konvertible Marka, bislang im Verhältnis 1:1 durch D-Mark-Zentralbankbestände gedeckt, duch die neue EU-Währung ersetzt.
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