: Flughafen Frankfurt im Zwist
Umstrittene Aussage Joschka Fischers zum Flughafenausbau bei Gegnern willkommen. Initiative überlegt landesweite Kandidatur bei Wahlen – als Konkurrenz zu Grünen. Bürgerinis und Nabu überreichen tausende Einsprüche gegen Airport
aus Frankfurt am Main KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
Da lacht nicht nur der Christdemokrat. Auch die kleine Fraktion der Flughafenausbaugegner (kurz FAG) im Frankfurter Stadtparlament, dem Römer, freut sich diabolisch: über ein „Bonmot“ von Bundesaußenminister Joschka Fischer. Der sprach sich auf einer Kreisversammlung der Grünen in Frankfurt kurz vor Weihnachten überraschend und quer zur Parteilinie liegend für den „ökologisch verträglichen Ausbau“ des Rhein-Main-Flughafens aus. Eine schöne Bescherung. Die FAG dachte schon einmal laut darüber nach, bei den Landtagswahlen 2003 hessenweit in Konkurrenz zu den Grünen anzutreten und die Stimmen der Ausbaugegner „abzufischen“.
Die CDU im Landtag forderte die Grünen süffisant und umgehend auf, ihrem „Meister“ zu folgen und den Widerstand gegen die Ausbaupläne für den Airport endlich aufzugeben. Fischer habe doch vorgemacht, wie man sich „von einem militanten Startbahngegner zu einem Flughafenausbaubefürworter im Dreireiher“ entwickeln könne, feixte der Generalsekretär der hessischen Union, Michael Boddenberg. Doch gegen den Ausbau seien die Grünen in Hessen „aus Überzeugung“ auch aktuell immer noch, sagte deren Landtagsabgeordneter Frank Kaufmann gestern auf Nachfrage.
Und wohl auch aus Angst vor den Wählern in den von einem weiteren Ausbau besonders betroffenen Kommunen rund um den Airport. Die nämlich sorgten mit ihren Voten für die Grünen bei den Landtagswahlen 1999 immerhin noch dafür, dass die Partei nicht vollständig abschmierte; auch wenn aufgrund der mageren 7,2 Prozentpunkte für die Grünen die Regierung Eichel (SPD) damals von der Regierung Koch (CDU) abgelöst wurde. In vielen nord- und mittelhessischen Landkreisen dagegen kam die Partei noch nicht einmal mehr über die Fünfprozenthürde.
Kaufmann warnte die Ausbaugegner und potenziellen Wähler seiner Partei denn auch schon einmal vorsorglich vor einem Wechsel zu einer – möglichen – Konkurrenz auf Landesebene: „Jede Stimme für die FAG ist eine verlorene Stimme für den Widerstand“, sagte Kaufmann gestern auf Nachfrage. Die Partei um den ehemaligen grünen Aktivisten Horst Schäfer habe doch überhaupt keine Chance, bei den Landtagswahlen die Fünfprozenthürde zu überspringen.
Einem tatsächlichen ökologischen Ausbau, wie von Fischer gefordert, würden sich die Grünen im Landtag doch überhaupt nicht verschließen, so Kaufmann. Eine neue Landebahn wolle man zwar nicht; doch eine enge Anbindung etwa der Flughäfen in Köln und auf dem Hahn im Hunsrück an den Rhein-Main-Airport mache durchaus Sinn. Fischer selbst schweigt. Gesagt haben soll er allerdings auch, dass man in Berlin anders über den Flughafenausbau denke als in Frankfurt.
Und was sagen die Bürger? „Misstraut den Parteien, auch den Grünen.“ Das ist die Losung der Bürgerinitiativen schon seit 2000. Vertreter des Bund Naturschutz und der Bürgerinitiativen übergaben dem Regierungspräsidenten in Darmstadt im Rahmen des Raumordnungsverfahrens gestern tausende von juristisch relevanten Einwendungen gegen den Ausbau. Selbst in kleinen Gemeinden sind Haus- und Grundstücksbesitzer wild entschlossen, Klage gegen den beabsichtigten Landebahnbau zu führen. In Rüsselsheim und in Offenbach etwa halfen die Stadtverwaltungen beim Verfassen der Klageschriften mit; und die Kommunen klagen auch selbst: autonom und ganz ohne Parteiengezänk. Im April sollen die Einwendungen dann öffentlich erörtert werden.
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