: Anruf aus dem Urlaub
■ Per Haftbefehl gesuchter Sudanese meldete sich bei seinem Dekan
Die Polizeiaktion gegen den aus dem Sudan stammenden Wissenschaftler Abdel Wahab O. K. wird immer fragwürdiger. Gestern wurde bekannt, dass sich der 33-Jährige am Mittwoch telefonisch bei seinen Vorgesetzten an der Hamburger Hochschule für angewandte Wissenschaften (HHaW) gemeldet hat. Außerdem hat der Gesuchte einen Anwalt eingeschaltet.
„Unser Mitarbeiter war sehr entsetzt über die Vorwürfe, die gegen ihn erhoben werden“, berichtet Jürgen Dankert, Dekan des Fachbereichs Maschinenbau, an der der Sudanese als wissenschaftlicher Assistent arbeitet. „Er sagt, er ist unschuldig und möchte zurücckommen, aber er hat einfach Angst.“
Der seit Neujahr per Haftbefehl Gesuchte erfuhr offenbar aus dem Internet von den Vorgängen. Wie berichtet, war am Sonntag unter großem Polizeiaufgebot seine Wohnung aufgebrochen und ein Teil seiner Küchenutensilien als „verdächtige Substanzen“ konfisziert worden. Obwohl sich bei Laboruntersuchungen herausstellte, dass es sich um harmlose Aromaöle, Konservierungsmittel und Tee handelte, erließ die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl wegen „Verdacht auf Vorbereitung eines Sprengstoffverbrechens“. Ein ominöser Tipp und die Tatsache, dass O.K. ein Zweitstudium an der TU-Harburg absolviert und dort eine Homepage hat, rückte ihn in Medienberichten zudem in die Nähe der al-Qaida-Organisation.
„Mein Mitarbeiter ist im Urlaub und keineswegs flüchtig“, erklärt auch sein direkter Vorgesetzter Uwe Sievers. Die Tatsache allein, dass er sich gemeldet habe, sei stark entlastend, sagt Dankert, der nach eigenen Angaben umgehend die Polizei von dem Anruf informierte.
Polizeisprecher Reinhard Fallak indes wusste von dem Anruf gestern noch nichts. „Die Staatsanwaltschaft wird Anfang nächster Woche entscheiden, ob der Haftbefehl aufrecht erhalten bleibt“, sagt Fallak gegenüber der taz. Dies hänge von der Auswertung der Akten und Disketten ab, die die Polizei ebenfalls in der Wohnung beschlagnahmt hatte.
„Sollte der Haftbefehl aufgehoben sein, kann ich meinem Mitarbeiter guten Gewissens raten: komm zurück“, sagt Dankert. Durch die Vorverurteilung in den Medien sei dem jungen Mann aber in jedem Fall „ein großer Schaden“ entstanden. Kaija Kutter
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