: Verklickt und zugelinkt
■ Die Homepage der Schill-Partei verweist auf obskuren Hilfsverein
Der Link prangt auf der Eingangsseite von www.schill-partei.de, über dem Parteinamen: „Achtung! 5-jähriges Kind vermisst!“. Wer drauf klickt, landet in Saarbrücken, bei dem Verein „Tatort Kinderseele“. Dieser bietet angeblich Beratung für missbrauchte Kinder an. Tatsächlich sind seine Strukturen aber so undurchsichtig und unprofessionell, dass alle anderen Saarbrücker Kinderhilfsorganisationen, das Jugendamt und auch die Kriminalpolizei Saarbrücken jede Zusammenarbeit mit dem Verein ablehnen. Der Vereinsgründer Maurizio Georg vergleicht diese „Diskriminierung“ mit der Judenverfolgung im Nationalsozialismus und fantasiert in Flugblättern vom „jüngsten Gericht“, das die „Befreiung“ bringe. Gemeinsamkeit mit der Schill-Partei: Der Verein fordert, Sexualstraftäter bis an ihr Lebensende zu inhaftieren.
Georg ist nach eigener Angabe selbst Missbrauchsopfer und leitet daraus seine Kompetenz zur Beratung ab. Fachleute beschäftigt der Verein bewusst nicht, „weil dann die Betroffenen nicht mehr kommen würden“, meint der Landschaftsgärtner Georg. Er spendet nach eigenen Angaben sein ganzes Arbeitslosengeld dem Verein und schläft seit zwei Jahren im Café auf dem Fußboden.
Als prominente Sponsoren gibt „Tatort Kinderseele“ auf seiner Homepage die Kriminalpolizei Saarbrücken und die Saarbrücker Zeitung an. Beide Institutionen weisen aber jede Unterstützung von sich: „Der Verein versucht immer wieder, eine Zusammenarbeit mit uns darzustellen“, sagt der Sprecher des Landeskriminalamtes Saarland, Michael Klein, „es hat aber nie eine gegeben“. Mit der Außendarstellung von „Tatort Kinderseele“ hat sich im Dezember 2001 gar das saarländische Mi-nisterium für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales befasst.
Denn auf unzähligen Internetseiten greift der Verein unter anderem das Jugendamt an und die „großen Kinderorganisationen, die nur „behaupten, stets auf der Seite der Opfer zu stehen“. Durch Therapien würden Täter „verherrlicht“, sie werden danach weiter morden“. Schuld sei der „fanatische Sozialstaat“.
Für den Link von der Schill-Partei sei ein Mitarbeiter des Vereins verantwortlich, sagt Georg. Er selbst halte aber nicht viel von Politikern. Bei der Schill-Partei erklärt man den Link - übrigens den einzigen in der gesamten Internetpräsenz - mit einem Zufall: „Jemand hat uns angerufen und gefragt, ob wir einen Link zu der Suchaktion legen“, sagt Parteisprecherin Karina Weber, „da haben wir gedacht, das ist doch eine gute Sache“. Über den Verein selbst habe man sich gar nicht informiert, „aber wir danken für den Tipp und werden das überprüfen“. Heike Dierbach
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