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urteil gegen c&aAntiquiertes Zunftdenken

Zwei Herzen wohnen in des modernen Menschen Brust – doch eins schlägt lauter. Wenn’s ums Geld geht, ist er zuerst Konsument und erst dann Citoyen. Wie schön, dass der Textilhandelskonzern C & A seine Hemden und Sakkos flächendeckend 20 Prozent billiger verkaufte! Und wie hirnrissig, dass das Landgericht Düsseldorf den Preisnachlass für illegal erklärte.

Kommentarvon HANNES KOCH

Dabei trifft die Richter kein Tadel. Das „Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“ von 1909 ist immer noch in Kraft. Damals, im Kaiserreich, galt das Volk als Wirtschaftsgemeinschaft: Die Großen sollen die Kleinen nicht aus dem Markt drängen. Dieses Ideal taugt heute nicht mehr. Der Mensch hat sich zum Käufer, Arbeitskraftunternehmer, Investor und Single entwickelt. Antiquierte Regelungen müssen daher ab geschafft werden – die Leute wollen schließlich nicht nur die Nachteile des Liberalismus ertragen, sondern auch seine Vorteile genießen.

Heute ist kein Platz mehr für das Zunftdenken, dem die Vorschriften entspringen, die die freie Konkurrenz eindämmen. Tatsächlich hätten es die Handelsketten einfacher, würde das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb fallen. Starke Preissenkungen können sich Milliardenkonzerne leisten, nicht aber mittelständische Händler. Vielleicht müssen sie schließen, vielleicht finden sie eine Nische?

Wer weiß – es ist ihre Sache. Der Konsument von heute hält sich mit sozialmoralischen Überlegungen nicht mehr auf. Wir haben – wenn auch schweren Herzens – unsere kapitalistische Sozialisation akzeptiert. Das heißt nicht, dass Solidarität mit den Verliereren nicht mehr möglich wäre. Wann allerdings die Verbraucher als Wirtschaftsbürger eingreifen, wollen sie sich nicht diktieren lassen.

wirtschaft & umwelt SEITE 8

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