: Berlin verschläft ABM-Jobs
Rund 4.500 Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen können zurzeit nicht vermittelt werden, weil das Land die erforderliche Kofinanzierung nicht gewährleistet
SPD und PDS wollen die Arbeitsmarktpolitik „verstetigen“. So steht es im Koalitionsvertrag der künftigen Regierung. Der Interimssenat, allen voran der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), tut sich damit allerdings schwer: Rund 4.500 ABM-Plätze können nach Angaben des Landesarbeitsamtes zurzeit nicht bewilligt werden, weil der Senat wegen der Haushaltssperre die nötigen Gelder noch nicht zur Verfügung gestellt hat. Ärgerlich daran: Die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen werden zu 90 Prozent von der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg finanziert, Berlin muss nur ein Zehntel zuschießen. Die ABM-Kräfte arbeiten in erster Linie in sozialen Einrichtungen in den Bezirken, aber auch in den Parks und Grünanlagen der Stadt.
„Wir haben nichst zu verschenken“, ärgert sich Klaus Pohl, Sprecher des Landesarbeitsamtes Berlin/Brandenburg. Derzeit seien mehr als eine halbe Million Menschen in Berlin und Brandenburg arbeitslos gemeldet, morgen verkündet die Behörde die neuen Arbeitsmarktzahlen. Das Landesarbeitsamt habe Wowereit im Dezember zwei Mal schriftlich auf dieses Problem aufmerksam gemacht, so Pohl. „Reaktion Fehlanzeige.“ Dabei sei wichtig, mit der Vermittlung der rund 12.000 ABM-Jobs in diesem Jahr sofort zu beginnen. „Sonst kriegen wir 2003 weniger Geld.“ In diesem Jahr bekommt Berlin rund 300 Millionen Euro (rund 600 Millionen Mark) von der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit. Die Berliner Schläfrigkeit könnte indes den Brandenburgern zugute kommen. Pohl: „Wenn der Senat sich nicht beeilt, vergeben wir die Stellen nach Brandenburg.“ Die Potsdamer große Koalition hat die Mittel bereits eingeplant.
Auch die Grünen-Fraktionschefin Sibyll Klotz hält die Berliner Schlafmützigkeit für einen „Fehler“. Zwar gingen die Gelder nicht verloren, wenn die Stellen später bewilligt würden. „Wir brauchen aber eine Kontinuität in der Arbeitsmarktpolitik.“
CDU-Fraktionsvize Nikolas Zimmer fordert Wowereit auf, „jetzt das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen“. In der nächsten Sitzung des Hauptausschusses des Abgeordnetenhauses, der für Finanzen zuständig ist, müsse das Thema auf den Tisch.
Klaus-Peter Florian, Sprecher der Arbeitsverwaltung, weist indes die Vorwürfe zurück. Das Land habe ein vitales Interesse an den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, könne aber nicht alles Geld im Januar ausgeben. „Wir werden Schritt für Schritt die ABM-Stellen einrichten.“
RICHARD ROTHER
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