: Finanzielle Lehre
Wissenschaftsbehörde verordnet Aufnahme von 400 Lehramtsstudenten, ohne zusätzliche Mittel bereitzustellen ■ Von Kaija Kutter
Für die Hamburger Uni beginnt das Jahr mit schlechten Nachrichten: „Wir haben gestern die Korrektur der Zulassungszahlen bekommen“, berichtet Uni-Referentin Kerstin Müller. Demnach zwingt die Wissenschaftsbehörde die Uni zur Zulassung der gewohnten Zahl von 400 Lehramtsstudenten zum Sommersemester. „Wir werden dann Zustände in den Seminaren haben, die wir nicht verantworten können“, sagt Uni-Vize-Präsident Holger Weidner. „Bei der Festlegung der Zulassungszahlen wurde unsere Stimme überhört.“
Wie berichtet, hatte es wegen des hohen Bedarfs an Lehrern fürs laufende Wintersemester gar keinen Numerus clausus gegeben. Die Folge war ein sprunghafter Anstieg der Anfänger von 600 auf über 1100, der zu einem Chaos am Fachbereich Erziehungswissenschaft führte. Die Uni stellte in einem Notprogramm 300.000 Mark für Tutoren und Dozenten zur Verfügung. Weil dies auf Dauer jedoch keine Lösung sei, sollte die Zulassung für kommende Semester auf 200 abgesenkt werden.
Dies rief jedoch den Protest von Studenten und Schulpolitikern auf den Plan. „Wegen der Pensionierungwelle werden ab 2003 jährlich 800 neue Lehrer benötigt“, warnt die GAL-Politikerin Christa Goetsch, die in einer Kleinen Anfrage wissen wollte, was der Senat nun unternimmt. Jede Zulassungsbeschränkung, so Goetsch, produziere „Lehrerknappheit“ und deute darauf hin, „dass FDP-Senatoren mehr Investition in Bildung nicht durchsetzen können“.
Es werde, so heißt es in der Antwort des Senats, von den beteiligten Behörden und Hochschulen ein „Maßnahmenkonzept“ erarbeitet, das sicherstellt, dass der Hamburger Lehrerbedarf auch von Hamburger Hochschulen gedeckt werden kann. Im Sinne eines „ordnungsgemäßen Studienablaufes“ werde fürs kommende Semester wieder eine Kapazität von 400 Plätzen festgelegt. Addiert mit den 1100 vom Winter ergibt dies eine Jahreszahl von 1500.
Dies entspräche, wenn man als Erfahrungswert einen Schwund von rund 600 abzieht, die ihr Studium abbrechen oder in andere Berufe oder Länder abwandern, ungefähr dem Bedarf von 800 Lehrern. Holger Weidner, für die Kapazitätsplanung zuständig, fürchtet nun, dass diese Aufstockung für die nächsten zehn bis 15 Jahre gelten soll. Dieser Steigerung aber, so Weidner, müsste zwingend ein Strukturprogramm in zweistelliger Millionenhöhe folgen: „Wir brauchen Professoren, wir brauchen Räume, wir brauchen Mitarbeiter, Service und Sekretariate.“ Auch die Nebenfächer müssten personell nachziehen. „Es geht nicht, dass wir dort nur noch Lehrer und keine Magister mehr ausbilden. Die werden auch gebraucht.“
Die Wissenschaftsbehörde hatte kürzlich noch mitgeteilt, die Uni müsse die Lehrerausbildung „durch interne Umschichtungen aus ihrem eigenen Etat“ finanzieren. „Es wird zurzeit die Kapazitätsauslastung über mehrere Fachbereiche geprüft“, sagte Behördensprecherin Antje Welscher gestern. Das Ergebnis sei noch offen.
Allzu große Hoffnungen auf mehr Geld kann die Uni sich nicht machen. Erst Ende Dezember wurde bekannt, dass der Uni nicht mal, wie im Koalitionsvertrag versprochen, die Sparschulden aus Zeiten der Rot-Grün-Regierung erlassen werden, was einen weiteren Abbau von 90 bis 100 Stellen bedeutet.
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