: Afghanen hungern
Lebensmittelhilfe erreicht Teile der Bevölkerung nicht. Drei Taliban-Exminister stellen sich. Mullah Omar und Bin Laden weiter auf der Flucht
GENF/KABUL dpa/rtr/afp ■ Wegen anhaltender Sicherheitsprobleme können Hunderttausende von Afghanen bislang nicht von internationalen Hilfsorganisationen versorgt werden. Allein in der früheren Taliban-Hochburg Kandahar warten rund 400.000 Einwohner seit Ende September auf Hilfslieferungen, sagte eine Sprecherin des Welternährungsprogrammes (WFP) gestern in Genf. Die Organisation habe genug Lebensmittel in Afghanistan, um sechs Millionen Menschen zu helfen, hätte aber erst die Hälfte verteilen können. Problematisch sei außerdem die Sicherheitslage südlich von Masar-i Scharif und in Dschalalabad. Dorthin sind rund 80.000 Afghanen spontan aus den Nachbarländern Iran und Pakistan zurückgekehrt, berichtete das UN-Flüchtlingshilfswerk. Zugleich halte aber die hungerbedingte Fluchtwelle aus dem Süden Afghanistans weiter an.
Nach Einschätzung eines Weltbank-Mitarbeiters wird der Wiederaufbau Afghanistans in den kommenden zehn Jahren 15 Milliarden Dollar (16,8 Milliarden Euro) kosten. Nach 23 Jahren Krieg brauche die afghanische Bevölkerung jährlich zwischen einer und zwei Milliarden Dollar, um wieder auf die Beine zu kommen.
Allen Friedensplänen zum Trotz geht der Krieg in Afghanistan weiter. Das US-Militär und afghanische Anti-Taliban-Kämpfer setzten ihre Suche nach al-Qaida-Mitgliedern und Taliban in Höhlen um die Bergfestung Tora Bora fort. Dabei seien Hinweise darauf gefunden worden, dass Bin Laden sich in den Höhlen aufgehalten habe. Unklar sei jedoch, wann zuletzt er dort gewesen sei, sagte ein Sprecher des US-Oberkommandos. Neben der Fahndung nach Bin Laden wird auch die Suche nach dem Oberhaupt der Taliban, Mullah Mohammed Omar, fortgesetzt.
Im südafghanischen Kandahar stellten sich derweil drei ehemalige Minister der Taliban. Nach offiziellen Angaben der afghanischen Behörden hätten sich die Minister für Verteidigung, Justiz und Industrie ergeben. Nicht aufgeben wollte dagegen ein al-Qaida-Kämpfer, der sich mit sieben weiteren Extremisten im Krankenhaus von Kandahar verschanzt hatte. Er sprengte sich gestern Morgen mit am Körper befestigtem Sprengstoff in die Luft. KUG
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