: Kleiner Markt für Biofische
Die erste deutsche Ökofischzucht bei Köln leidet unter fehlender Nachfrage Naturschützer fordern eine EU-Richtlinie über Biolebensmittel aus der Aquakultur
KÖLN taz ■ Die Einladung in die Fischzuchtanstalt Rameil in Lindlar bei Köln kurz vor der Grünen Woche klang vollmundig: „Durchbruch für ökologische Fischzucht steht bevor!“ Ökofood auf dem Durchmarsch – wie zu Lande, so zu Wasser? Das ist aber auch ein Jahr nach dem BSE-Skandal noch Wunschdenken. Denn Angebot und Nachfrage sind derzeit noch gering, monierte gestern Helmut Röscheisen, Generalsekretär des Deutschen Naturschutzrings und Vorsitzender der Jury Förderpreis ökologischer Landbau des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Er appellierte an die Verbraucher, Ökofisch zu konsumieren: „Ohne Nachfrage kein Angebot.“ Röscheisen forderte zudem, dass die EU-Richtlinien für ökologische Nahrung erweitert werden. Denn bisher gibt es keine Regelungen für Biolebensmittel aus Aquakultur, für Fische und Muscheln also. Agrarministerin Renate Künast werde sich dafür einsetzen, hieß es aus dem Verbraucherministerium.
Deutschland dürfe den sich abzeichnenden Boom für Ökofische nicht verschlafen, so Röscheisen weiter. Doch warum dieser Boom kommen soll, wusste er auch nicht. Carsten Däbert vom Naturland-Verband forderte Unterstützung der Ökofischherstellung. Naturland überwacht auch Rameil, den ersten deutschen Anbieter von Ökoforellen. Er wurde im letzten Jahr auf der BioFach, der jährlichen Naturkostmesse, als vorbildliches, innovatives Unternehmen ausgezeichnet. Die Fische haben hier mehr Platz: Für zehn Kilo Rameilforellen steht ein Kubikmeter Wasser zur Verfügung, so die Naturlandrichtlinie. In konventionellen Züchtungen drängen sich die Tiere mitunter auf einem Viertel der Fläche. Die präventive Verabreichung von Medikamenten ist tabu, der Anteil des Fischmehls im Futter ist geringer; es stammt zudem aus ökologischer Produktion.
Wegen der halb vegetarischen Fütterung brauchen die Ökoforellen allerdings länger bis zur Schlachtreife: 20 bis 24 statt 12 bis 18 Monate. Auch deswegen sind Ökoforellen deutlich teurer. Ihren Preis will Betriebsinhaber Hans-Hugo Rameil nun durch eine verbesserte Vertriebsstrukturen senken. In Deutschland werden neben Forellen auch Karpfen und Lachse ökologisch erzeugt.
Doch offenbar gelingt es Naturland noch nicht, die Einhaltung seiner Richtlinien zu garantieren. Als die Stiftung Warentest Mitte Dezember monierte, dass 10 von 22 getesteten Räucherlachssorten vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums verderben, waren darunter auch zwei von Naturland zertifizierte Produkte. „Selbstverständlich“, so Naturlandgeschäftsführer Gerald Herrmann, „werden wir den Testergebnissen nachgehen und prüfen, ob es bei der Verarbeitung Mängel gab“. Im Zweifelsfall könnten gegen Erzeuger oder Verarbeiter Sanktionen verhängt werden – bis hin zum Ausschluss aus dem Verband. MARCUS MEIER
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