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Aus Jürgen wird Huub

Endlich ist es raus: Huub Stevens wird nächste Saison Trainer in Berlin. Der Coach von Schalke 04 scheint zu Hertha BSC zu passen, schon weil er ein bisschen wie sein Vorgänger Jürgen Röber ist

aus Berlin MARKUS VÖLKER

Im Sommer wird also Huub Stevens hinter dem Resopaltisch Platz nehmen, lauwarmen Kaffee aus einem Plastikbecher nippen und den Reportern seine Erkenntnisse zum Spiel von Hertha BSC mitteilen. Stevens wird ab Juli neuer Cheftrainer der Berliner Bundesligamannschaft, der Niederländer erhält einen Dreijahresvertrag und freut sich „auf die Aufgabe in Berlin“. Weil: „Nach sechs Jahren Schalke ist das die richtige Herausforderung für mich.“

So sieht das wohl auch Dieter Hoeneß, bereits zum Trainingsauftakt von Hertha BSC vor einer Woche ließ der Hertha-Manager verlauten, dass der Verein mit dem Schalke-Coach in Verhandlungen stehe, es nur noch um Details gehe und die Unterschrift noch vor Ende der Winterpause unter den Vertrag gesetzt würde. Gestern war es dann so weit: Hoeneß nahm kurz nach 12 Uhr im Presseraum des Berliner Olympiastadions Platz und präsentierte die Nachricht offiziell: „Ja, Sie ham’s ja bereits“, begann er seine Ausführungen ein wenig launig. „Es ist nicht mehr die große Überraschung.“ Er habe das Thema Trainertausch dann doch sehr beschleunigt, führte Hoeneß aus, denn der Verein wolle konzentriert und ruhig in die „wichtige Rückrunde“ starten: „Wir wollen einen möglichst optimalen Ablauf, deswegen beantworte ich auch keine Detailfragen“, so Hoeneß.

Nur so viel: Jürgen Röber bleibt bis Saisonende Trainer in Berlin, auch Stevens wird aller Voraussicht nach die Geschäfte auf Schalke bis Juni weiterführen, wenngleich auch in Gelsenkirchen in Frank Neubarth ein Nachfolger bereitsteht. Mit Röber habe es eine „einvernehmliche Beendigung“ des Vertrags gegeben; Hoeneß wies darauf hin, dass dies keinesfalls als „Lippenbekenntnis“ zu verstehen sei. Dennoch sei ihm bereits im „September, Oktober“ bewusst geworden, dass er sich um einen Nachfolger für Röber bemühen müsse, der seit sechs Jahren in Berlin ist und Hertha 1999 in die Champions League sowie in den vergangenen zwei Jahren jeweils in den Uefa-Cup führen konnte. „Wir haben konsequenterweise einen Trainer geholt, dem wir zutrauen, Jürgen Röbers Weg weiterzuführen“, sagte gestern Hoeneß. Für Stevens habe gesprochen, dass er die Anforderungen der Bundesliga kenne, seit Jahren in einem Spitzenklub arbeite und exzellent deutsch spreche. „Er bringt alle Voraussetzungen mit“, so der Manager. „Er war ja sogar für einige Minuten deutscher Meister.“ Tatsächlich aber hat Stevens den Uefa-Cup und den DFB-Pokal gewonnen.

Die finanziellen Verhandlungen führte Hoeneß mit dem Berater von Stevens. Mit Stevens selbst hätte er sich dagegen nur über Sportliches ausgetauscht. „Wir mussten uns mit den grundsätzlichen Fragen nicht lange aufhalten“, sagte Hoeneß über die Gespräche mit dem Holländer, die der Manager erst mit Beginn der Winterpause geführt haben will. In Wirklichkeit aber dürften sie weit früher begonnen haben, denn die Trennung von Röber stand schon vor Weihnachten längst fest – und Hoeneß gehört nicht zu jenen Managern, die planlos in die Zukunft schlingern. So drang bereits im Dezember aus der Geschäftsstelle von Hertha, ein holländischer Trainer werde das Amt in Berlin übernehmen, die Spekulationen reichten in der Folge von Van Gaal bis Reijkaard.

Dass nun Stevens in die Hauptstadt wechselt, überrascht letztendlich doch ein wenig, scheint der Trainer dem Anforderungsprofil der Hertha-Oberen doch nicht ganz zu entsprechen. Die wollten einen weltläufigen Charismatiker auf der Trainerbank sitzen sehen, Stevens indes tauscht die Trainingskluft selten gegen einen Anzug. So gesehen ist Stevens die Fortführung von Jürgen Röber mit wenig anderen Mitteln. Einen Bruch jedenfalls hat es nicht gegeben, für Kontinuität ist gesorgt. Weil das so ist, wird sich der neue Übungsleiter auch kaum am Grau des hässlichen Resopaltisches im Presseraum stören. Und noch weniger am labbrigen Kaffee aus dem Plastikbecher.

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