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Mehrsprachiges HipHop Inferno

■ Die Kölner Microphon Mafia stellen ihr neues Album „Infernalia“ im Musikzentrum „1000 Steine“ vor

Vielleicht erinnert sich noch jemand an den Hit der Jazzkantine, „Krankenhaus“. Dort droht der Rapper Signore Rossi in einem verbalen HipHop Battle seinem Mikrophongegner Prügel an und endet mit den Worten:“..dann esse ich eine Pizza Calzone, komme mit meiner Familie, und du kommst ohne.“ Am Sonnabend wird Signore Rossi seine Drohung wahr machen und mit seiner Stilletto Combo Microphon Mafia Hamburg verunsichern. Mit dabei: die ersten Weißmuster ihrer neuen Platte „Infernalia“. Die Microphon Mafia kommen aus Köln, sie haben vor zwölf Jahren mit HipHop losgelegt. Im äußersten Nordosten von Köln liegt Flittard. Kein Ghetto, eher ein altes Arbeiterviertel. Im Jugendzent-rum, der „Pauline“ hat alles angefangen. „Da haben wir uns immer getroffen, mit 16 oder 17 Jahren. Irgendwann haben wir beschlossen, nicht nur Platten aufzulegen, wir wollten HipHop machen.“ Dennis und Kutlu waren die Rapper, Rossi und Önder die Beatboxer, Arni der DJ und Pierro der Produzent. Zuerst nannten sie sich TCA, „therapy against animosity“. Für die Musiker war HipHop nie eine Mode, „für uns hatte es immer mit dem wirklichen Leben zu tun“. Nach zwei erfolgreichen Platten änderten sie ihren Namen und wurden so zur einzigen Mafia, „die die Welt braucht“. Letztes Jahr haben die „Microphonier“ ihr eigenes Label „Al Dente Recordz“ gegründet.

Die Reime der Microphon Mafia sind neapolitanisch, türkisch, englisch und deutsch. Ihre neue Platte wird von einer dunklen Stimmung getragen. Horrormelodien der Da-rio Argento Musiker Goblins tauchen auf und werden von Spinettklängen abgelöst. Gitarrensamples lösen die erste Hornsektion des Rocky Erkennungs-Songs ab. Viersprachig erzählen sie von den Einwandererschicksalen ihrer Eltern. Sie erzählen vom eigenartigen Erfolg deutscher Comedygruppen wie Mundstuhl, die mit nachgeahmten Dialekten eine neue Mins-trel Shows inszenieren.

Die Musik der Microphon Mafia scheint heute für all das zu stehen, was Pop einmal für sich beanspruchte. HipHop beschreibt schöne Momente und schwierige Zeiten. Die Microphon Mafia ist verkabelt mit lokalen Hoffnungen und Tragödien. Tägliche Probleme und Rassismus klopfen sich als Zahlenreihen auf die CD-Flächen. Die Microphon Mafia sind zugleich musikalischer Teil der Polit-Gruppe Kanak Attak, die gerade mit ihrer Single „Dieser Song gehört uns“ von der CSU verklagt wird. Für den Sonnabend in den Trockendocks braucht es erstmal nur eines: Zwei Turntables und eine Microphon Mafia. Nikola Duric

Microphon Mafia, 12.1., Musik

zentrum 1000 Steine+Trockendock, Spohrstr.1, U-Bahn Saarlandstr., Bus 171 und 117, Station Brucknerstr. 20 Uhr.

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