berliner szenen: Beim Jazz Brunch
Heiße Töne, kalte Möhre
Wo sonst Artistenvolk für Amüsement sorgt, wird seit gestern immer wieder sonntags von 11 bis 15 Uhr zum Jazz Brunch eingeladen. Internationale Musiker spielen auf, dazu gibt es kalte und warme Speisen am Büffet. JazzRadio präsentiert im Chamäleon Varieté einen musikalischen Frühschoppen, Moderator Tom Schweers begrüßte die Gäste. „Jazz passt hier gut rein“, sagte er und sollte Recht behalten. Gut aufgelegt, gab er einen Witz zum Besten. „Wenn Sie mich nicht kennen, ist das nur gut für Sie, denn ich moderiere die Morning-Show.“ Lacher und ab ging die Post.
Schon beim ersten Lied des Claus Rückbeil Trios wippen manche mit den Füßen, wiegen den Kopf im Takt, eine Frau schnippt mit den Fingern. Ja, es schwingt! Hinter mir sitzt ein älteres Ehepaar und löffelt gerade Suppe. „Das sind richtige Profis“, sagt Joachim Schmutzler, der bis zur Wende 20 Jahre lang als Studiomusiker beim DDR-Rundfunk arbeitete. Einige plaudern, andere hören einfach den Jazzinterpretationen von Grant Green bis Wynton Kelly zu. Das alles wird auf der großen Bühne mal blau, mal rot ausgeleuchtet.
Nach einer Stunde gibt der Drummer ein Solo. Viele ältere Semester sind da. Leider gab es gestern keinen Kakao, weil dem Chamäleon keine Milch geliefert wurde. Dafür konnte man in den Pausen etwas vom Privatleben der Musiker mitbekommen. Michael Schwarz (Drums) begrüßt erst Freunde und isst dann doch allein. Claus Rückbeil (Gitarre) sitzt mit einem Bier bei einer schwarzhaarigen Dame. Und Bassist Jimmi Roger Pedersen lässt sich von seiner Liebsten den Rücken kraulen. Später sang Nathalie Claude mit wunderbarer Stimme. Entspannte Atmosphäre. Nur Blumenkohl und Möhren waren schon ein bisschen kalt.
ANDREAS HERGETH
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