piwik no script img

„Ganz anderes Milieu“

Joschka Fischer ist als Frontmann im Wahlkampf gegen Stoiber auch für die SPD wichtig, sagt Bundestagsvizepräsidentin Anke Fuchs (SPD)

taz: Für ihr erstes Wahlplakat 2002 hat die SPD sich mit den Grünen zusammengetan – und wirbt dort auch mit Joschka Fischer. Hat die SPD jetzt eine Doppelspitze?

Anke Fuchs: Nein, der Spitzenkandidat der SPD heißt Gerhard Schröder. Aber nachdem die Union sich für Edmund Stoiber als Kanzlerkandidaten entschieden hat, ist Joschka Fischer in der Wahlauseinandersetzung natürlich doppelt wichtig geworden.

Was hat Stoiber damit zu tun?

Joschka Fischer kommt aus einem kulturellen und sozialen Milieu, das das genaue Gegenteil des miefigen Umfelds von Herrn Stoiber ist. Fischer macht nach außen sichtbar, dass die Entscheidung bei der Bundestagswahl auch eine Entscheidung zwischen gegensätzlichen Lebensentwürfen ist: Stoiber hat Karriere im System gemacht, Fischer kommt aus der antiautoritären Bewegung von 68.

Warum sollte das Wähler beeindrucken?

Nehmen Sie die Art und Weise, wie Herr Stoiber Familienpolitik macht. In seinen Wahlkämpfen in Bayern pflegt er das Bild einer Familie, in der er allein das Sagen hat und die Frau ihm folgt. Auch bei der Entscheidung über die Kanzlerkandidatur hieß es über seine Frau nur, dass sie ihm den Rücken freihält. Das hat mit modernem Familienverständnis nichts zu tun.

Sie setzen Stoibers „Kompetenzwahlkampf“ einen „Milieuwahlkampf“ entgegen?

Politische Positionen sind doch auch ein Ergebnis der persönlichen Biografie. Gerade die letzten drei Jahre haben zum Beispiel gezeigt, wie wichtig eine besonnene, aber selbstbewusste Rolle Deutschlands in Europa und darüber hinaus ist. Da hat der weltweit geachtete Außenminister Fischer gegenüber dem bayerischen Provinzpolitiker Stoiber einen gewaltigen Kompetenzvorsprung.

INTERVIEW: PATRIK SCHWARZ

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen