Geschäft ist Geschäft

Klaus Werner und Hans Weiss entlarven in ihrem „Schwarzbuch der Markenfirmen“ brutale Methoden der Konzerne

Die „Hitliste der Bösen“ führen an: Bayer, Total-Fina-Elf und McDonald’s

Schweinereien von Konzernen, die nicht recht zum kultigen, flotten oder seriösen Image einer Marke wie Mars, McDonald’s oder Mercedes passen wollen, haben bereits andere Autoren aufgedeckt, lange bevor die Journalisten Klaus Werner und Hans Weiss nun ihr „Schwarzbuch Markenfirmen“ auf den Markt warfen. Selbst in der drögen Bundesrepublik rumorte es einst zum Ausklang des sozialpartnerschaftlichen Wirtschaftswunders heftig. Erinnert sei an Menschenrechts- und Umweltkampagnen von Bürgerinitiativen. Hoffentlich unvergessen sind auch Wallraffs Reportagen aus dem Innenleben der Bild-Zeitung, die 1977 veröffentlicht wurden, und insbesondere die legendären „OMGUS-Berichte“ der früheren US-Militärregierung für Westdeutschland. Sie bewiesen die Mittäterschaft von Deutscher und Dresdner Bank, von BASF und Bayer im Nazifaschismus. Solche und andere Konzernkritiken in manchem zu wiederholen, schadet nicht, zumal in einer Zeit, in der sich immer mehr Menschen berechtigterweise Sorgen über die Auswirkungen der so genannten Globalisierung machen.

Doch die Schwarzbuch-Autoren Werner und Weiss belassen es nicht bei der Wiedergabe von mehr oder weniger Altbekanntem. Beachtlich ist vielmehr ihre Ausdauer: So haben sie in zweijähriger Forschungsarbeit hinter die Fassade der 50 beliebtesten internationalen Marken geschaut. Beeindruckend ist auch die journalistische Radikalität, mit der sie Kriegsgewinne, Sklavenarbeit und Umweltdreck untersuchen. Eine leicht geschriebene Aneinanderreihung von heiklen Tatsachen, so kommt es daher – und gerade deswegen wirkt es: Wer nach der Lektüre beim nächsten Biss in die Schokolade nicht an schuftende Jungen und Mädchen in Kakaoplantagen der Elfenbeinküste denkt, der ist moralisch resistent. Zwölf Millionen Kinder der Dritten und Vierten Welt sollen allein für den Export in den reichen Westen arbeiten.

Werner und Weiss zerstören den schönen Schein unserer feinen Warenwelt. Die „Hitliste der Bösen“ führen drei vertraute Marken an: Bayer, Total-Fina-Elf und McDonald’s. Über die Hamburger-Bratereien muss hier wohl nichts Übles gesagt werden, denn keine taz-LeserIn wird an den sozialen und ökologischen Schäden exzessiver Fleischproduktion gezweifelt haben. Bösewicht Nummer zwei, Total-Fina-Elf, war bis in die Mitterrand-Ära hinein der wohl wichtigste französische Staatskonzern. Die Benzin-Verkäufer ließen kaum einen Bürgerkrieg in einer Erdölregion aus, ohne sich im nationalen (Rohstoff-) Interesse gewinnbringend einzumischen. Am bösesten schneidet im Schwarzbuch der Chemiekonzern Bayer ab. Der Hersteller des inzwischen weltbekannten Milzbrand-Bekämpfungsmittels Ciprobay lässt in einem Tochterunternehmen ein Metall namens Tantal verarbeiten. Der knappe Rohstoff wird für Mobiltelefone gebraucht. Tantal-Weltmarktführer Bayer profitierte von einem rasanten Preisanstieg und soll nicht einmal vor dem Handel mit Warlords im verwüsteten Bürgerkriegsland Kongo zurückschrecken, dem wichtigsten Abbaugebiet für das seltene Metall.

Bayer dementiert das, aber ob nun dieser oder ein anderer Multi die größten Kriegsgewinne aus dem Kongo zieht, ist egal. Was bleibt, ist das blutige Geschäft mit den Handys. Und das missfällt sogar vielen Anhängern von freien Märkten – womit sich ein Teil der verzückten Schwarzbuch-Rezensionen selbst in konservativen und neoliberalen Medien erklären lässt.

Die Schattenseiten der Marken, die mit ihrem Glanz unseren westlichen Alltag weitgehend bestimmen, sind leider kein Einzelfall und erst recht kein Zufall. Auch Multis haben es dank kriselnder Weltwirtschaft nicht leicht, ja sie sind verletzlicher, als es scheint. Ihre Schwierigkeiten machen sie schon jetzt hinter der friedlichen Fassade aggressiv. Und diese Aggressivität dürfte in Zukunft noch schlimmer werden. Denn: Verliert in einer solch angespannten Lage obendrein das Marken-Image an Wert, wird es heikel.

Wie resistent mancher Ruf allerdings ist, belegt die Bild-Zeitung. Die Wallraff-Vorwürfe haben weder damals noch heute der Auflage des bunten Blattes nachhaltigen Schaden zugefügt. Darum reicht es nicht, am Image der Konzerne zu kratzen. Der globale Kapitalismus braucht endlich eine juristische und politische Verrechtlichung seines globalen Treibens. Nur faire Regeln, die von der Staatengemeinschaft kontrolliert und sanktioniert werden, können den globalen Manchester-Kapitalismus in zivile Schranken weisen. Mit dieser Lösung werden sich nicht allein Linke, sondern auch rechte Wertkonservative und Liberale der Freiburger Schule anfreunden können. HERMANNUS PFEIFFER

Klaus Werner/Hans Weiss: „Scharzbuch Markenfirmen. Die Machenschaften der Weltkonzerne“. Deuticke Verlag, Wien 2001, 348 Seiten, 19,90 €