: Aufschub für Safiya
Zu Beginn ihres Berufungsprozesses zieht die wegen Ehebruchs zum Tode durch Steinigung verurteilte Nigerianerin ihre Aussage zurück
BERLIN taz ■ Der Berufungsprozess der wegen Ehebruchs zum Tode verurteilten Nigerianerin Safiya Husseini ist gestern vorerst zum Stillstand gekommen. Nachdem die 35-Jährige, die gemäß dem islamischen Recht gesteinigt werden sollte, ihre vorherigen Aussagen zurückgezogen hatte, verfügte der Präsident des Scharia-Berufungsgerichts im nordnigerianischen Bundesstaat Sokoto die Vertagung des Verfahrens auf den 18. März. Nun ist unklar, ob es zu einem Abschluss kommen wird oder ob vorher das nigerianische Verfassungsgericht sich mit der Verfassungsmäßigkeit der Scharia in Nigerias islamischen Bundesländern zu befassen beginnt.
Safiya Husseini war im vergangenen Oktober von einem islamischen Gericht in Sokoto zum Tode verurteilt worden. Die Frau hatte im Februar 2001 ein Kind bekommen und daraufhin das Gericht angerufen, um den Erzeuger, den sie als ihren Vetter angab, zur Zahlung der Kosten für die Taufzeremonie des Kindes zu zwingen. Sie sagte, das Kind sei gezeugt worden, als sie vergewaltigt wurde. Das Gericht ließ die Vorwürfe gegen den Mann jedoch mangels der nötigen Anzahl von Zeugen fallen und verurteilte stattdessen die Frau zum Tod durch Steinigen, weil sie als geschiedene Frau schwanger geworden war und daher Ehebruch begangen habe. Sie soll bis zur Brust in die Erde eingegraben und dann gesteinigt werden.
Safiya Husseini, die vier weitere Kinder hat, legte Berufung gegen das Todesurteil ein. Beim gestrigen Beginn des Berufungsverfahrens zog ihre Verteidigung die Aussage zurück, wonach sie von ihrem Vetter vergewaltigt worden sei. Stattdessen hieß es nun, der Erzeuger ihres Kindes sei ihr geschiedener Ehemann gewesen. Nach der in Sokoto gültigen Scharia, so die Verteidigung, kann eine Frau nicht des Ehebruchs für schuldig befunden werden, wenn der Vater des Kindes ihr ehemaliger Ehemann ist und die Scheidung weniger als sieben Jahre zurückliegt.
Die Anklage hat nun zwei Monate Zeit, um auf die neue Lage zu reagieren. Der Prozess wird von der Öffentlichkeit aufmerksam verfolgt. Laut BBC war der Gerichtssaal gestern überfüllt, vor dem Gebäude versammelte sich eine große Menschenmenge. Der Fall hat auch außerhalb Nigerias großes Aufsehen erregt. Erst gestern forderten 77 Abgeordnete des Europäischen Parlaments Nigerias Präsidenten Olusegun Obasanjo in einem Brief auf, die Hinrichtung zu verhindern. Die geplante Steinigung der Frau sei „unmenschlich, barbarisch und grausam“. D. J.
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