: Kabul erklärt Pleite
Übergangsregierung kann Beamte nicht entlohnen. Hilfsgelder sind noch nicht angekommen. Bin Laden soll auf dem Seeweg geflohen sein
BERLIN/KABUL rtr/epd/afp ■ Afghanistan ist zahlungsunfähig. Die zugesagte internationale Finanzhilfe sei noch nicht freigegeben oder noch nicht eingetroffen, wie der Minister für Wiederaufbau, Amin Farhang, gestern erklärte. Deshalb hätte die Übergangsregierung derzeit Probleme, ausstehende Beamtengehälter zu zahlen, so Farhang. Auch die deutsche Finanzhilfe sei noch nicht eingetroffen.
„Deutschland hat als einer der ersten Geber bereits zwei Millionen Euro bereitgestellt, um die Arbeitsfähigkeit der afghanischen Übergangsregierung zu sichern“, hieß es dazu gestern aus dem Berliner Entwicklungsministerium. Das Geld sei in den Interimsfonds des UN-Entwicklungsprogramms eingezahlt worden und müsse von dort so bald wie möglich fließen.
Der US-Geheimdienst CIA geht in einer vertraulichen Analyse davon aus, dass der in Afghanistan gesuchte Ussama Bin Laden wahrscheinlich per Schiff aus der Region geflüchtet ist. Ein entsprechender Bericht sei CIA-Direktor George Tenet vorige Woche zugegangen, berichtete der TV-Sender ABC.
Nach einer Woche Dauerbombardement will die US-Armee die Angriffe auf die ostafghanische Höhlenregion Schawar Kili einstellen. Pentagon-Sprecher John Stufflebeem erklärte, das Gebiet sei ein wichtiges Zentrum des Terrornetzes al-Qaida gewesen. Dorfbewohner berichteten dagegen, bei den Luftangriffen seien Dörfer zerstört und Zivilisten getötet worden.
Der Oberste Richter in Afghanistan hat unterdessen die Verlegung gefangener Taliban- und al-Qaida-Kämpfer auf den US-Marinestützpunkt Guantanamo auf Kuba kritisiert. „Sie hätten den afghanischen Behörden übergeben werden sollen, damit ihr Schicksal im Lichte der Scharia entschieden werden kann“, sagte er der pakistanischen News.
Unter den rund 50 in Guantanamo Inhaftierten sind auch drei Briten. Die US-Behörden hätten die britische Regierung informiert, hieß es aus dem Londoner Verteidigungsministerium. Die Unterbringung der Gefangenen in offenen Zelten wurde indes heftig von Menschenrechtsgruppen kritisiert. Ihr rechtlicher Status ist nach Pentagon-Angaben weiter unklar. Die USA hatten angekündigt, ihnen nicht die Rechte von Kriegsgefangenen zuzugestehen.
Medico international hat UN und Geberländer gewarnt, die Zivilgesellschaft in Afghanistan zu schwächen. Qualifizierte Mitarbeiter lokaler Organisationen würden derzeit von Hilfswerken mit hohen Gehältern abgeworben, erklärte Medico-Geschäftsführer Thomas Gebauer. Das sei verheerend für den langfristigen Wiederaufbau Afghanistans, der auf funktionierende einheimische Strukturen angewiesen sei. Medico-Experte Sayed Aqa wies auf die Bedrohung durch Landminen hin. Rund 5.000 Dörfer lägen in verminten Gebieten.
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