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Fikret und die Thailänderin

Noch mehr Frauen

Donat und Fikret sind zwei Berliner Taxifahrer, die sich bei einem Unfall mit ihren Taxis kennen gelernt haben. Nun sitzen sie in einem Café in der Wiener Straße und erzählen sich Frauengeschichten. Nachdem Donat letzte Woche dran war, erzählt jetzt Fikret seine Geschichte

Fikret begann damit, wie er einmal morgens eine Thailänderin von der Karl-Marx-Straße in die Rothenburger gefahren hatte. Am Endpunkt gab sie ihm ein unüblich dickes Trinkgeld mit der Bemerkung, „Ich habe heute großes Glück im Spiel gehabt“. Er gab ihr daraufhin seine Visitenkarte – falls sie noch einmal von ihm nach Hause gebracht werden wollte. Eine Woche später rief sie ihn auch tatsächlich an. Diesmal ging es in umgekehrter Richtung – von Steglitz nach Neukölln. Und sie war in Begleitung eines Mannes, der dann auch zahlte – wobei er 60 Pfennig Trinkgeld gab und eine Quittung verlangte: mit genauen Ortsangaben – „Stadtfahrt reicht nicht“.

Als die Thailänderin mit ihrem Galan ausstieg, gab sie Fikret diskret noch einmal ein Trinkgeld: 10 Mark. Und in der nächsten Nacht rief sie ihn wieder an – mit demselben Typen im Schlepptau. Er war Journalist bei einem Stadtmagazin. Das kam raus, als sie durch Schöneberg fuhren – vom Casino am Potsdamer Platz herkommend. Der Typ quasselte die ganze Zeit auf sie ein. Fikret und die Thailänderin wechselten derweil im Rückspiegel vielsagende Blicke. Von nun an fuhr er die beiden mindestens zweimal in der Woche. Und immer quasselte der Journalist die Thailänderin voll, die nicht besonders gut und gerne Deutsch sprach. Meistens fuhren sie zu irgendwelchen Thai-Glücksspielrunden, wo die Thailänderin die Glücksfee für den Deutschen spielte. Einmal brachte er sie früh abends über die Avus zu den jetzt kürzlich abgebrannten Wannsee-Terrassen. Dort sollte Fikret auf die beiden warten. Es war gerade Grüne Woche, und Fikret war nervös wie ein Rennpferd. Endlich kamen die beiden aus dem Lokal, Fikret hatte seinen Benz inzwischen ordentlich eingeparkt.

Als die beiden einstiegen, muffelte der Typ ihn an, wo er denn so lange geblieben sei und dass er hoffentlich nicht die ganze Zeit den Taxameter angelassen habe. Die Thailänderin schien er zuvor auch irgendwie zusammengeschissen zu haben. Sie entschuldigte sich während der Schimpftirade die ganze Zeit stumm mit Blicken bei Fikret.

Dann musste der Typ plötzlich noch mal zurück, weil er seinen Schal an der Garderobe vergessen hatte. Während er wieder im Lokal verschwand, schauten die Thailänderin und Fikret sich im Rückspiegel kurz, aber eindeutig an. Fikret gab Gas und die beiden hauten einfach ohne den Typen ab. Als sie in der Rothenburgstraße ankamen, war es klar, dass er mit hoch kam. Und ab da war er quasi ihr Privatchauffeur.

Sie zahlte ihn nicht, dafür schlief sie mit ihm. „Ich habe eine tolle Muschi“, sagte sie zur Begründung. Und das stimmte auch, denn sie konnte damit seinen Schwanz festhalten und quasi massieren. Nach einigen Monaten nahm sie jedoch einen Job in Hannover an und ließ ab da nichts mehr von sich hören, obwohl sie weiterhin in Steglitz wohnte, wie Fikret herausfand. Manchmal, wenn er jetzt eine Thailänderin fuhr, fragte er sie nach der Frau, die sich „Päng oder so“ nannte. So viel hatte er bisher herausbekommen: Es gab viele Thailänderinnen mit diesem Namen, sodass sie ihm meistens noch den Namen der Straße, wo sie wohnten oder Anschaffen gingen, anhängten: Oy-Siemens zum Beispiel. In diesem Fall nannte sich die Frau vielleicht „Päng-Rothenburger“, aber bisher hatte er noch niemanden getroffen, der diesen Namen kannte. Dennoch war die Geschichte damit noch nicht beendet. Fikret hatte jedoch genug erzählt.

Er stand auf, um an der Theke zu zahlen – für Donat gleich mit. Das wird bei Taxifahrern meist so gehalten, dass der, der Schuld hatte (an einem Unfall etwa), einen ausgeben muss. Und Fikret war von links gekommen, als er in der Wiener Straße in Höhe der Feuerwehrwache auf dem Mittelstreifen gewendet hatte.

LILLI BRAND

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