: Kurs gegen den Steuermann
Die Schließung des Uniklinikums droht zur ersten Nagelprobe für den neuen Senat zu werden. Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS) will doch noch nach Alternativen zur Schließung suchen. Schulsenator Klaus Böger (SPD) ist ebenfalls skeptisch
von SABINE AM ORDEund ROLF LAUTENSCHLÄGER
Im neuen rot-roten Senat braut sich ein Konflikt über die Zukunft des Universitätsklinikum Benjamin Franklin (UKBF) zusammen. Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS) sprach sich gestern dafür aus, mögliche Alternativen zur Schließung des FU-Klinikums „wirklich in die Problemlösung miteinzubeziehen“. Dafür werde er sich im Senat stark machen machen, sagte Flierl am Rande des Neujahrsempfangs der Charité der taz. Er forderte die Universitäten zur „aktiven Mitwirkung“ am Diskussionsprozess über die Zukunft der Hochschulmedizin auf. Auch Schulsenator Klaus Böger (SPD) äußerte sich gestern skeptisch über die Schließung des UKBF.
Damit weichen Flierl und Böger von dem Kurs ab, den Rot-Rot bisher eingeschlagen hat. In ihrem Koalitionsvertrag haben SPD und PDS klar vereinbart, dem UKBF den Status einer Universitätsklinik zu entziehen. Nur so, lautet die Begründung, könnten ausreichende Einsparungen im Landeshaushalt erzielt werden. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) betonte gestern erneut, dass die Koalition an der Schließung festhalten werde. „Es gibt keine Alternativen zur Umwandlung des UKBF“, sagte der Regierungschef nach der ersten Sitzung des neuen Senats. Gleichzeitig kündete er an, Flierl werde in den kommenden Wochen eine Vorlage zum weiteren Verfahren in den Senat einbringen.
Schulsenator Böger, starker Mann der SPD-Rechten im Senat, bezweifelt, dass durch die Umwandlung des UKBF in ein Regionalkrankenhaus der gewünschte Spareffekt erzielt werden kann. Er sei skeptisch, ob der vorgeschlagene Weg der richtige ist, sagte Böger im „Inforadio“. Er betonte aber auch: „Das, was in dem Koalitionsvertrag steht, ist beschlossen als Basis und Grundlage für die Koalitionsparteien.“ Zuvor hatten sich bereits der SPD-Abgeordnete Klaus-Uwe Benneter, Steglitzer Bezirkspolitiker und die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) der SPD gegen die Abwicklung ausgesprochen.
Unterstützung erhielten sie gestern vom Wissenschaftsrat. Der Vorsitzende des Medizinausschusses, Dietrich Niethammer, geht davon aus, dass der finanzielle Verlust durch die Schließung des UKBF „die möglichen Einsparungen nicht nur zunichte macht, sondern wahrscheinlich übersteigt“. Er sehe mit Sorge, dass „der hervorragende Wissenschaftstandort Berlin nachhaltig geschwächt wird“, sagte er. Die Charité sei an der Grenze ihrer Belastbarkeit und könne den Wegfall des UKBF nicht kompensieren. „Ein Teil der Biomedizin wird abwandern.“
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