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„Wir müssen jetzt handeln“

Der Physiker Christoph Ritz ist wissenschaftlicher Leiter bei ProClim, dem Forum für Klima, und berät die Schweizer Regierung in Sachen Klimaveränderung

taz: Macht sich die Klimaerwärmung im Berggebiet heute schon bemerkbar?

Christoph Ritz: Die Klimaforschung hat in den letzten Jahren riesige Fortschritte gemacht. Wir wissen heute, dass die globale Erwärmung in den letzten fünfzig Jahren wahrscheinlich weitgehend vom Menschen verursacht worden ist. In der Schweiz verzeichnen wir einen noch stärkeren Anstieg. Im Mittelland sind es 1,2 Grad, im Berggebiet ebenfalls mehr als im globalen Durchschnitt von 0,6 Grad für das letzte Jahrhundert. Dazu sind die Niederschläge stärker geworden.

Womit müssen wir in Zukunft rechnen?

Alle vorliegenden globalen Szenarien kommen in einem Punkt zum selben Schluss: Der Temperaturanstieg wird sich weiter beschleunigen. Für die Schweiz müssen wir davon ausgehen, dass der Erwärmungstrend wie in den vergangenen Jahrzehnten stärker sein wird als im globalen Durchschnitt. Dies dürfte auch für das Berggebiet gelten. Wir müssen mit mehr Starkniederschlägen besonders im Winter, erhöhter Hochwassergefahr und längeren Trockenzeiten rechnen. Die Gletscher werden beschleunigt abschmelzen, und die Schneefallgrenze wird ansteigen.

Welche Maßnahmen sind besonders dringlich?

Als wichtigste vorbeugende Maßnahme gilt es, die Kohlendioxid-Emissionen zu reduzieren und von der Erdölabhängigkeit wegzukommen. Die Schweiz als von der Klimaerwärmung besonders stark betroffener Staat muss sich auf nationaler, aber auch auf internationaler Ebene dafür engagieren. Gefragt sind außerdem langfristige Investitionsstrategien zur Anpassung an die Erwärmung. So zahlten sich die nach dem Lawinenwinter 1951 gebauten Lawinenverbauungen erst im Schneewinter 1999 aus.

Wie viel Zeit bleibt, um die erwarteten Auswirkungen abzuschwächen?

Keine. Wegen der Trägheit des Klimasystems sitzen wir gleichsam auf der „Titanic“ und müssen sehr frühzeitig das Tempo drosseln, um bei sichtbarer Gefahr noch reagieren zu können. Jedes Zuwarten wird für Gesellschaft und Wirtschaft bedeutend schmerzhafter werden.

INTERVIEW: URS FITZE

Infos: www.proclim.ch

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