: Die Türme
Das World Trade Center verkörperte bis zum 11. September symbolisch die Macht der USA. Das zweithöchste Gebäude der Welt hätte im nächsten Jahr seinen dreißigsten Geburtstag gefeiert. Allein der Bau der über vierhundert Meter hohen Twin Towers war eine gigantomanische Leistung. Vor der Grundsteinlegung 1970 mussten 1,2 Millionen Kubikmeter Erde abgetragen werden. Während der dreijährigen Bauzeit wurden bis 1973 zweihunderttausend Tonnen Stahl, 327.000 Kubikmeter Beton und 55.000 Quadratmeter Glas verbaut.
In den beiden Türmen ermöglichten 239 Aufzüge und 71 Rolltreppen ein rasches Auf und Ab. Dabei konnte ein Expressaufzug 55 Personen transportieren. Insgesamt arbeiteten täglich fünfzigtausend Menschen auf jeweils 110 Stockwerken, auf dessen Aussichtsplattformen sich täglich rund hunderttausend Besucher tummelten.
Während die Aufräumungsarbeiten noch in vollem Gange sind, wird längst darüber nachgedacht, wie die Lücke zu füllen ist, die durch „9-11“ entstanden ist. Ginge es nach dem ehemaligen Hauptmieter der Twin Towers, Larry Silverstein, würde auf Ground Zero ein neues Welthandelszentrum entstehen – vier Bürohochhäuser, nur noch halb so hoch wie die Türme des Vorgängers. In den Neubau hätte Silverstein Fassadenreste integrieren wollen. Als Denkmal für die Opfer plante der Immobilienmogul auf zwei Türmen eine fünfzig Stockwerke hohe, nachts beleuchtete Glaskonstruktion zu stellen. Kosten: rund vierzig Milliarden Dollar.
Auch die New Yorker Architekten Peter Eisenman, Richard Meier und Robert Stern setzten sich für einen Wiederaufbau ein. Wie der Neubau letztlich ausgesehen hätte und genutzt werden sollte, darüber gingen die Meinungen auseinander. Einerseits sollte er das Symbolische des Vorgängers auf neue Weise verkörpern, andererseits sollte ein Teil der Ruinen integriert werden und damit Denkmalfunktion erfüllen.
Anfang des Jahres fiel die Entscheidung zwischen New Yorks neuem Bürgermeister Michael R. Bloomberg und dem Vorsitzenden der Lower Manhattan Redevelopment Corporation, John C. Whitehead. Anstelle eines Wiederaufbaus werden einerseits ein Mahnmal, andererseits mehrere vierzig bis sechzig Stockwerke hohe Bürotürme errichtet. Pächter Silverstein hat die Architekturfirmen Skidmore, Owings & Merill und Cooper & Robertson mit den Neubaukonzepten beauftragt. Über die Nutzung des neuen Gebäudekomplexes beraten sechs Ausschüsse, die die Interessen von Anwohnern, Berufspendlern, Investoren, Wall-Street-Firmen, kulturellen Institutionen und des Einzelhandels vertreten.
Bei einem Architekturwettbewerb haben sich international anerkannte Architekten wie Daniel Libeskind, Shigeru Ban und Frei Otto mit der Neugestaltung von Ground Zero auseinandergesetzt. Die Vorschläge reichen von futuristisch verschlungenen Türmen bis hin zu einer Seen-Park-Landschaft als Stätte der Besinnung und der Ruhe.
Auf jeden Fall soll ein Mahnmal an die 343 getöteten Feuerwehrleute erinnern. Für 180.000 Dollar soll eine knapp sechs Meter hohe Bronzeskulptur entstehen.
SANDRA SACHS
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