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globalisierung konkretSerie zum Weltsozialforum in Porto Alegre, Teil 1

Der globale Mensch

Polen hat ihn vertrieben. Zum ersten Mal sah Marek Peszko (38) ein anderes Land von innen, als er 1984 in Niedersachsen ein paar Mark fuffzig bei der Apfelernte verdiente. Jahre später – es regierte immer noch der kommunistische Militärmachthaber Wojciech Jaruzelski – ging Peszko ganz aus seinem Heimatland weg, weil er nicht zur Armee wollte.

Er ergatterte ein Stipendium bei der John-Hopkins-Universität in Italien, arbeitete in New York als Hilfsarbeiter auf dem Bau, setzte sein Studium in Kanada fort und blieb so lange in Vancouver, bis er sich die Staatsbürgerschaft erkämpft hatte. Sein erster Job nach dem Diplom brachte Peszko zu einer Wirtschaftsberatungsfirma. Aus dem Emigranten, der Bildung suchte und Lebensoptionen erforschen wollte, wurde ein Weltbürger, der seine Moral, Verhaltensweisen und Ziele aus einer universellen Weltanschauung bezieht. Diese liegt ziemlich nah bei dem, was den Apologeten des freien Marktes vorschwebt.

Marek Peszko siedelte nach London über, beriet als Consultant Unternehmen von Moskau bis Irkutsk bei der Umstellung auf den Wettbewerb und ließ sich von einem Multi nach Bulgarien schicken, wo er die Produktion von Tütensuppen aufbaute.

Zu seinen Festen kommen Briten, Inder, Japaner und Österreicher. Sein Anrufbeantworter spricht zuerst Englisch, dann Französisch, dann Polnisch. Schließlich kehrte er zurück – als Manager eines transnationalen Konzerns, der nach der Auflösung des kommunistischen Blocks eine Firma in Warschau übernommen hatte.

Die familiäre Enge Mitteleuropas war Peszko doch lieber als die Weite der Welt. Als europäisches Exemplar der globalen Wirtschaftselite leistete er sich ernsthafte Skrupel, während er 200 Leute entließ, um die Fabrik in die Gewinnzone zu hieven. HANNES KOCH

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