: Australiens Regierung gibt nach
Flüchtlinge im Wüstenlager Woomera geben ihre zweiwöchigen Proteste auf. Zuvor hatte die Regierung ihnen die Behandlung ihrer Asylanträge und die teilweise Umsiedlung zugesichert. Aber einigen Flüchtlingen droht trotzdem die Deportation
aus Melbourne BORIS B. BEHRSING
Die vorwiegend afghanischen Asylbewerber im Flüchtlingslager Woomera in der heißen, staubigen südaustralischen Wüste haben gestern ihren zweiwöchigen Hungerstreik abgebrochen, nachdem Australiens Einwanderungsminister Philip Ruddock einige Zugeständnisse gemacht hatte.
So nehmen die Einwanderungsbeamten in den vier Internierungslagern Australiens ab sofort die Bearbeitung von Asylanträgen wieder auf. Der Einwanderungsminister hat sich außerdem bereit erklärt, willige Flüchtlinge mit Kindern versuchsweise aus Woomera herauszulassen. Rädelsführer der Protestkampagne werden nicht bestraft, versicherte Ruddock.
Die Wohlfahrtsverbände und viele Gemeinden des Landes haben angeboten, Woomera- Flüchtlinge aufzunehmen.
„Missverständnisse sind vorgekommen“, sagte der Minister und ging damit auf die wachsende öffentliche Kritik an der Behandlung der Bootsflüchtlinge ein. Zuletzt hatte sich die Bischofskonferenz der katholischen Kirche massiv gegen die konservative Regierung gestellt. „Die moralischen Kosten der Politik sind zu hoch“, tadelte Sydneys Erzbischof Dr. George Pell die Regierung Howard am Dienstag in einer Ansprache.
Wesentlich zum Ende des Aufruhrs im Lager Woomera trug der unabhängige Expertenausschuss Idag bei, der gestern mit den Flüchtlingen „Friedensbedingungen“ aushandelte. Zu diesen gehört auch ein Ende der Mundvernähungen, Selbstmordversuche und Selbstverstümmelungen. Der Ausschuss, der Minister Ruddock in Einwanderungsfragen berät, empfahl dem Minister, Woomera stufenweise zu schließen. Dies ist von Ruddock am Mittwoch in Aussicht gestellt worden. Idag-Vorsitzender Ray Funnell lobte: „Die Schließung des Lagers wird die fortgesetzten Unruhen und Hungerstreiks unter den Asylbewerbern beenden.“ Der Streik sei von den Flüchtlingen „aus Respekt vor der australischen Gemeinschaft und dem Idag-Ausschuss“ eingestellt worden, erklärte der Sprecher der Woomera-Lagerinsassen, Hassan Varasi. Wie viele der 760 Flüchtlinge in Woomera aber die ersehnte Aufenthaltsgenehmigung erhalten werden, ist unklar. Die Beseitigung des Taliban-Regimes in Afghanistan hat ihre Asylgründe geschwächt. Nach Mitteilung des Einwandererministers sollen in den nächsten Tagen 70 Asylbewerber aus Woomera deportiert werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen