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Mr President und die Achse des Bösen

Vor kurzem hieß der Feind der USA noch Ussama Bin Laden. Nun sind es Iran und Nordkorea. Und natürlich Irak

BERLIN taz ■ „Der Feind betrachtet die gesamte Welt als Schlachtfeld, und wir müssen ihn stellen, wo immer er auch ist.“ Als der US-Präsident das letzte Mal vor beiden Häusern des Kongresses sprach, hatte der Feind noch einen Namen: Ussama Bin Laden.

Vier Monate später taucht der Name des von der US-Regierung zur Inkarnation des Bösen aufgebauten Terroristenchefs nicht mehr auf – aber wieder droht Bush mit der US-Militärmacht. Jetzt geht es gegen die „Achse des Bösen“. George W. Bush knüpft damit auch rhetorisch an sein Vorbild Ronald Reagan an. Der hatte sein Aufrüstungsprogramm in den 80er-Jahren mit dem Kampf gegen das „Reich des Bösen“ legitimiert.

Diesmal geht es vor allem um den Kampf gegen Staaten, „die den Terror unterstützen“ und atomare, chemische oder biologische Waffen besitzen. Neu ist diese Verbindung nicht. Schon Ende November setzte Bush den Besitz von ABC-Waffen mit der Unterstützung von Terroranschlägen gleich. Jetzt aber hat der Präsident diese Linie in der denkbar offiziellsten Form vor dem Kongress wiederholt: Das ist die Verkündung einer neuen militärischen Doktrin.

Natürlich richtet sich die „Terrorstaatendoktrin“ nicht gegen alle neuen Besitzer solcher Waffen. Washington müsste sonst als Erstes seinen derzeit engsten militärischen Verbündeten auf die Zielliste setzen: Pakistan. Wer aber nicht das Glück hat, gerade auf der richtigen Seite zu stehen, sollte sich darauf vorbereiten, das Ziel von US-Angriffen zu werden. Ungewöhnlich für einen solch offiziellen Anlass, nannte der Präsident ausdrücklich drei Staaten, die eine „Achse des Bösen“ bilden und den Frieden der Welt bedrohen: Nordkorea, Iran – und natürlich Irak.

Die ersten Proteste aus Teheran und Pjöngjang trafen gestern in Washington ein. Als Kriegsziele stehen aber sowohl Iran als auch Nordkorea bestenfalls in der zweiten Reihe. Die beiden Länder tauchten wohl vor allem deshalb namentlich in Bushs Rede auf, weil die Rüstungsprogramme dieser Länder in den letzten Monaten immer wieder als Argument für Bushs gigantisches Raketenabwehrprogramm herhalten mussten.

In der ersten Reihe der Zielländer für einen US-Kriegseinsatz steht dagegen weiterhin Irak. Nicht zufällig widmete Bush Irak deutlich mehr Redezeit als den anderen genannten Kandidaten – und setzte sich damit bewusst selbst unter Druck: Bei der nächsten regulären „State of the Union“-Rede im Januar 2003 soll Saddam Hussein nicht mehr im Amt sein.

Ausgerechnet in der Passage über Irak sprach Bush das einzige Mal das Angstwort „Anthrax“ aus – der Stoff, der die USA wochenlang in den Ausnahmezustand versetzte. Doch auf die Biowaffenanschläge im eigenen Land ging der Präsident mit keinem Wort ein. Verübt von Amerikanern gegen Amerikaner, passen sie nicht in das Bild von der auswärtigen Bedrohung der Festung USA und von dem Krieg gegen die „Achse des Bösen“.

ERIC CHAUVISTRÉ

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