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Islamische Föderation schlägt um sich

Religionsgemeinschaft verleumdet SPD-Politiker Ozan Ceyhun. Er hat auf Verflechtungen mit Milli Görüs hingewiesen

BERLIN taz ■ Die Islamische Föderation Berlin startete am Mittwoch eine Kampagne gegen den SPD-Politiker und Europaabgeordneten Ozan Ceyhun. In einer Presserklärung warf sie dem Parlamentarier vor, er sei 1980 aus der Türkei geflohen, weil er dort wegen Mordes gesucht worden sei. Ceyhun habe später sein „kriminelles Verhalten“ in Europa fortgesetzt und sich bei der EU „Förderungsmittel“ erschlichen. Damit habe er die Broschüre „Politik im Namen Allahs“ finanziert, in der es um „Islamismus als Herausforderung für Europa“ geht. Einer der Mitverfasser ist taz-Redakteur Eberhard Seidel. Ceyhun müsse nun mit einer „Anklage wegen Subventionsbetrug rechnen“, so die Föderation. In der Broschüre habe er wahrheitswidrig Verflechtungen zwischen der islamistischen Organisation Milli Görüs und der Islamischen Föderation unterstellt, so der Vorwurf.

Der Hintergrund: Die Islamische Föderation Berlin erhielt als Religionsgemeinschaft im Februar 2000 das Recht zugesprochen, in Berlin bekennenden Religionsunterricht anzubieten. Seit Erscheinen von „Politik im Namen Allahs“ wird die organisatorische und personelle Verflechtung der Föderation mit Milli Görüs öffentlich debattiert.

Am 23. Januar, fast anderthalb Jahre nach Erscheinen der Broschüre, erwirkte die Islamische Föderation eine einstweilige Verfügung gegen den Herausgeber Ceyhun: „Wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung“ ordnete das Landgericht Berlin an, dass Ceyhun die entsprechenden Aussagen nicht wiederholen darf. Entgegen den Behauptungen der Föderation hat das Gericht die Broschüre selbst nicht verboten. „Die Angelegenheit ist juristisch noch nicht abgeschlossen“, betont Ceyhun und vermutet: „Anlass der Kampagne dürfte eine Anfrage über die internationalen Verflechtungen von Milli Görüs sein, die ich kürzlich im Europaparlament gestellt habe und über die eine türkische Zeitung berichtete.“

Die Behauptung, Ceyhun sei ein flüchtiger Mörder, spricht für eine Verleumdungskampagne. Der Vorwurf des Totschlags stammt von dem türkischen Militärregime der 80er-Jahre und wurde inzwischen fallen gelassen. Tatsächlich hat sich Ceyhun in Deutschland nie versteckt gehalten. Zwei der angeblichen Komplizen Ceyhuns wurden bereits freigesprochen. Im Februar 1998 wurde Ceyhun aufgrund des 17 Jahre alten Haftbefehls des Militärregimes kurzzeitig festgenommen. Anschließend hatte sich das Bundeskriminalamt bei Ceyhun entschuldigt. YAS

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