: Stadt umkämpft
Im afghanischen Gardes sterben 43 Menschen bei schweren Gefechten um die Macht in der Provinz. Blair lehnt weitere Militärhilfe für Karsai ab
GARDES/LONDON ap/dpa ■ Bei heftigen Kämpfen um die afghanische Provinzhauptstadt Gardes sind mindestens 43 Menschen getötet und dutzende verletzt worden. Truppen des Gemeinderats der Stadt, der Schura, kämpften am Donnerstag den zweiten Tag in Folge gegen Einheiten des paschtunischen Kriegsherrn Batscha Chan, der auf Seiten der Interimsregierung in Kabul steht. Über der ostafghanischen Stadt kreisten US-Flugzeuge.
Der Vorsitzende der Schura, Hadschi Saifullah, sagte, Gardes werde sich niemals den Truppen Chans ergeben. „Er ist ein Tyrann und ein Mörder“, sagte Saifullah. Chan hat sich trotz der Widerstände in der Hauptstadt als Gouverneur der Provinz Paktia eingesetzt, was in der vergangenen Woche von der Interimsregierung in Kabul bestätigt wurde. Sein Bruder gehört als Minister für Grenzangelegenheiten der Regierung in Kabul an.
Die Kämpfer Chans beschossen das Stadtzentrum am Donnerstag mit Mörsergranaten. Die Truppen der Schura haben sich in einer historischen Festung der Stadt verschanzt. Ein Teil von Chans Kämpfern drang am Mittwoch nach Gardes ein. Nach Darstellung Saifullahs durchsuchten sie Haus für Haus und nahmen 200 Einwohner fest.
Chan wirft Mitgliedern der Schura vor, sie seien Sympathisanten der Taliban und von Ussama Bin Ladens Organisation al-Qaida. Dies wird von der Schura zurückgewiesen. Diese beschuldigt ihrerseits Chan, für den US-Luftangriff auf eine Delegation der Stadt verantwortlich zu sein, die am 21. Dezember vergangenen Jahres zur Amtseinführung von Ministerpräsident Hamid Karsai nach Kabul reisen wollte. Dabei kamen zwölf Menschen ums Leben.
Wegen der vielfältigen regionalen Spannungen tritt Karsai für eine Ausweitung des Mandats der internationalen Schutztruppe aus. Eine Verstärkung der Soldaten in der Hauptstadt Kabul sei ebenso notwendig wie ein Einsatz der Truppe in anderen Städten des Landes, sagte Karsai vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York. Am Donnerstag erörterte er die Lage mit dem britischen Premierminister Tony Blair in London. Dabei konnte Karsai Blair nicht davon überzeugen, Afghanistan weitere Militärhilfe zuzusagen.
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