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Zwist in der israelischen Armee

Eine Gruppe von Reservisten verweigert den Einsatz im Westjordanland. Das löst eine Debatte in der Knesset aus

JERUSALEM/BERLIN afp/taz ■ Eine Petition von Reserveoffizieren gegen den Einsatz im Westjordanland hat in Israel eine heftige Debatte ausgelöst. Drei der Unterzeichner wurden jetzt vom Dienst suspendiert. Sie gehören zu einer Gruppe von 52 Soldaten und Offizieren der Reserve, die vor einer Woche die Petition veröffentlichten. Darin hieß es unter anderem: „Wir hören auf, jenseits der grünen Linie (in den palästinensischen Gebieten, d.Red.) an Kämpfen teilzunehmen, die das Ziel haben, ein ganzes Volk zu unterdrücken, zu vertreiben auszuhungern und zu demütigen.“

Die Verweigerer, die Kampfeinheiten angehören, weisen darauf hin, dass sie zur Verteidigung des Staates Israel bereit seien, aber nicht zu einer „Mission zur Besetzung und Unterdrückung“. Generalstabschef Schaul Mofaz kündigte eine Prüfung an, machte aber gleichzeitig deutlich, „dass es in der Armee keinen Platz für derartige Vorfälle geben darf“. Die Verweigerer würden derzeit von ihren Vorgesetzten befragt. Außerdem will die Armee eine eigene Öffentlichkeitskampagne machen.

Dem sind einige schon zuvorgekommen. Eine Gruppe anderer Reserveoffiziere gründete den Verein „Das Recht zu dienen“ und verurteilte die Haltung der Abweichler. Der Aufruf zum Ungehorsam „schade der Fähigkeit der Nation, in Kriegszeiten Widerstand zu leisten“, betonte Nirt Abudaram, Mitbegründer der Gruppe, in der Zeitung Jediot Acharonot. In einem Brief an Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser distanzierten sich weitere 200 Reserveoffiziere von den Verweigerern, wie die Zeitung Maariv berichtete. „Wir betonen, dass es als Bürger und Kämpfer unsere Pflicht ist, Befehle unserer Vorgesetzten zu befolgen, so lange sie legal sind, sowie die Sicherheit unserer Brüder (der Siedler) zu garantieren, auch wenn wir ihre politischen Ansichten nicht teilen“, heißt es in dem Text.

Die bisher zahlenmäßig größte Aktion von Verweigerern seit Beginn der Al-Aksa-Intifada im Herbst 2000 löste am Mittwoch in der Knesset eine erregte Diskussion. „Es ist eine Ehre für uns, zu wissen, dass es in unserer Gesellschaft Leute gibt, die Mut und Gewissenhaftigkeit beweisen und uns daran erinnern, dass man nicht immer blinden Gehorsam leisten muss“, sagte Tamar Gosanski von der kommunistischen Partei Hadasch. „Die Petition ist ein Verrat, ein Aufruf zur Revolte“, entgegnete Nissem Seev, Abgeordneter der ultraorthodoxen Schass-Partei. „Das muss gerade jemand aus einer Partei sagen, deren Anhänger immer den Kriegsdienst verweigert haben, um sich ihrer Religion widmen zu können“, empörte sich Avschalom Vilan von der linken Oppositionspartei Meretz. Er selbst verurteilte den Aufruf zum Ungehorsam. Danny Naveh, Minister ohne Geschäftsbereich von der rechtsgerichteten Likud-Partei, sagte zum Abschluss der Debatte, die Angelegenheit sei „aufgebläht“ worden. Sie betreffe nur einen sehr kleinen Teil unter den Soldaten und Offizieren. Mit dem Thema befasst sich jetzt ein Ausschuss.

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