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Klage gegen Demoverbot

Bundesgrüne geißeln Vorgehen der Münchner Polizei vom Wochenende. Protestler wollen vors Verfassungsgericht. Verletzte Demonstrantin liegt noch in der Klinik

MÜNCHEN taz ■ Der Grünen-Bundesvorstand hat das bei der Internationalen Sicherheitskonferenz in München verhängte Demonstrationsverbot scharf kritisiert. „Das war ein schwarzer Tag für die Grundrechte und für die Demokratie in unserem Land“, sagte Grünen-Chefin Claudia Roth am Montag in Berlin. Roth warf dem bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) und Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) vor, sie hätten „friedliche Demonstranten in einen Topf mit Gewalttätern“ geworfen. „Es ist eskaliert worden.“ Ude hatte das Demonstrationsverbot mit Polizeierkenntnissen begründet, wonach tausende gewaltbereiter Demonstranten Ausschreitungen in München gewollt hätten. Dies habe man unterbinden müssen.

Unterdessen kündigte der Organisator des Demo-Bündnisses, Claus Schreer, an, dass selbstverständlich auch bei der Sicherheitstagung (ehemals Wehrkundetagung) im kommenden Jahr demonstriert werde. Es seien bereits Kundgebungen angemeldet. Schreer kündigte außerdem den Gang bis zum Bundesverfassungsgericht an, um gegen das dreitägige totale Demoverbot vom Wochenende zu klagen. Damit solle verhindert werden, dass das in zwei Instanzen bestätigte Versammlungsverbot zu einem bundesweiten Präzedenzfall wird, erklärte der Pressesprecher des „Bündnisses gegen die Nato-Sicherheitskonferenz“, Manfred Mularzyk.

Stoiber verteidigte das Demoverbot gestern mit den Worten, das Sicherheitsbedürfnis der Bürger habe eindeutig Vorrang vor dem Demonstrationsrecht. Er dankte den Polizisten: „Sie haben außerordentlich besonnen und konsequent deutlich gemacht, dass solche großen und bedeutenden Konferenzen in Deutschland abgehalten werden können.“

Münchens Polizeipräsident Roland Koller bilanzierte gestern, mit dem Demoverbot habe die Polizei wesentlich bessere Möglichkeiten gehabt, Gewalttäter abzuschrecken und ihre Anreise zu verhindern. Bundesweit seien nach bisherigem Stand bei Kontrollen 43 Personen außerhalb Münchens festgenommen worden. Auch Baseballschläger, Sturmhauben, Gummiknüppel und Gasrevolver seien sichergestellt worden. „Von friedlichen Ansammlungen möchte ich nicht sprechen, denn immerhin wurde wiederholt und gezielt gegen das Versammlungsverbot verstoßen“, sagte Koller. Sieben Polizisten seien leicht verletzt worden.

Dass auch eine Demonstrantin verletzt worden ist, wollte Koller zunächst nicht bestätigen. Die 70-jährige Frau, von der Mitdemonstranten bezeugen, dass sie von der Polizei verletzt worden sei, liegt mit Kopfverletzungen seit Freitagabend im Krankenhaus, wie der Chefarzt gegenüberder taz erklärte. „Ihr Gesundheitszustand ist den Umständen entsprechend gut.“ Sie werde voraussichtlich keine bleibenden Schäden davontragen.

OLIVER HINZ

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