schnittplatz
: Spießiger Neuanfang

Die Programmzeitschrift HörZu – die man früher nicht einmal als solche benannt hätte, weil schon der Name Synonym für den Programmführer durch die TV- und Radiowelt war – hat sich mal wieder ein Relaunch verpasst. Relaunch, das ist der Fachausdruck für die Mühe, aus einem Objekt, das Geld abwirft, noch mehr Geld (Umsatz, Profit) zu pressen.

Nun leidet Springers Spitzenillustrierte nicht in realen Zahlen an einer Krise, denn nach Bild macht die HörZu immer noch den stärksten Umsatz – bei fallender Rendite. Was freilich auch daran liegt, dass Fernsehen nicht mehr als Familienunterhaltung verstanden wird, sondern als Berieselungschance für unterschiedliche Geschmäcker – und somit auch differierende Ansprüche an eine Programmzeitschrift.

HörZu nun ist gestern mit der ersten relaunchten Ausgabe auf den Markt gekommen. Groß warb der Verlag mit einem wie in Stein gemeißelten Thomas Gottschalk. Das passt nur zu gut zur neuen Linie von Chefredakteur Jörg Walberer, der von Gala kommt und doch bei Springer nicht viel zu melden hat, weil ohne das Plazet des übergeordneten Geschäftsführers nichts gedruckt wird.

Aber etwas Gala bleibt: Die neue HörZu zeigt „Promis, Promis, Promis“, was den Abschied von einer Art Journalismus zur Folge hat, wie er mindestens noch anstandshalber gepflegt worden war – mit Sozialreportagen, ironischen Audienzberichten von Promibesuchen und Alltagstipps.

Jetzt wird auf der Titelseite mit „Euro-Urlaub: Das wird teuer!“ geworben.

Oder mit Udo Jürgens, der auf seine alten Tage behauptet, der Grand Prix sei spießig geworden – vergessend, dass der Österreicher selbst einst, sehr einst bei dieser Veranstaltung das Fundament für seine eigene Laufbahn legte.

Darüber hinaus verschaukelt die HörZu ihre Leserschaft, wenn sie faktisch nur den siechen Bezahlkanal Premiere World (mit Springer-Anteilen) in Sachen Olympia erwähnt.

Kurzum: Dieser Neuanfang – mit neuem Chef und spießigen Blitzlichtgewittergestalten en gros und en détail – wird eine neue Krise heraufbeschwören und nichts, nichts, nichts an Auflage bringen. Was haben wir sie einst gebraucht! JaF