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Ein ganzes Leben für die Königin

Die verstorbene britische Prinzessin Margaret sah in der Unterstützung ihrer Schwester ihre wichtigste Aufgabe. Dafür trennte sie sich sogar von ihrem Liebsten. Sie galt als schwarzes Schaf der Familie, doch ihre Eskapaden waren harmlos

DUBLIN taz ■ Am Ende hatte sie keine Lust mehr zu leben. Prinzessin Margaret, die kleine Schwester von Königin Elisabeth II., ist am Samstag im Alter von 71 Jahren gestorben. Am Freitag hatte sie einen Schlaganfall erlitten, es war ihr vierter. Seit vorigem Jahr war sie halb blind und konnte sich nur noch im Rollstuhl bewegen. Die Nachrufe waren bereits geschrieben, auch wenn die Medien betonten, wie überraschend ihr Tod kam.

Er kam nicht unerwartet. Auch Blaublütige unterliegen biologischen Gesetzen. Margaret rauchte und trank 50 Jahre lang wie ein Bierkutscher. Sie litt unter so vielen Krankheiten, dass man sich wunderte, dass sie es noch ins 21. Jahrhundert schaffte. Sie war das schwarze Schaf der Familie, wenn man den strikten Regeln des Königshauses folgt. Im Grunde waren ihre Eskapaden harmlos, verglichen mit den Affären ihrer Neffen, der Königinnenkinder, aber damals waren die Zeiten anders. Margarets Liebschaften waren Gegenstand einer Unterhausdebatte.

Sie wurde am 21. 8. 1930 im schottischen Glamis Castle geboren. Ihr Lebensweg als jüngere Schwester der Thronfolgerin war vorgezeichnet, und daran hielt sie sich auch. „Meine Rolle im Leben ist es, die Königin zu unterstützen“, sagte sie, als man sie zwang, ihren Liebhaber aufzugeben. Ihr Partner, Captain Peter Townsend, war geschieden, und eine solche Liaison war einer Blaublütigen unwürdig. Ihre Schwester, Königin Elisabeth, stellte sie vor ein Ultimatum: Entweder sie gebe den hübschen Soldaten auf, oder sie müsse ihr Leben in Armut fristen – oder was die Windsors unter Armut verstanden. Margaret wählte den Luxus und musste zur Strafe ihr Leben lang Krankenhäuser, Wohlfahrtsinstitutionen und öffentliche Gebäude eröffnen.

1958 lernte sie den Fotografen Anthony Armstrong-Jones kennen, sie heiratete ihn 1960. Die Queen machte ihn zum Grafen von Snowdon, Margaret und der Neuadlige hatten zwei Kinder. Nach 18 Jahren war die Ehe beendet, Margaret hatte einen Nervenzusammenbruch und soll einen Selbstmordveruch unternommen haben. Die Trauer dauerte nicht lange. Sie begann eine Affäre mit dem 17 Jahre jüngeren Roddy Llewellyn, den sie auf ihre Privatinsel in der Karibik, Mustique, mitnahm. Die Boulevardpresse war begeistert.

1985 hatte man ihr wegen Krebsverdacht einen Teil ihrer Lunge entfernt. Sie rauchte weiter ihre 60 Zigaretten am Tag, obwohl vier englische Könige – Edward VII., George V., Edward VIII. und Margarets Vater George VI. – am Nikotin zugrunde gegangen waren. Bereits als Teenager war Margaret bekannt für ihre Zigarettenspitze aus Schildkrötenpanzer. Dazu trank sie Unmengen von Famous Grouse, nicht gerade die Perle unter den Whiskys. Später schwenkte sie, wie ihre Mutter, auf Gin um. Kritikern antwortete sie: „Der Sinn, eine Prinzessin zu sein, ist, eine Prinzessin zu sein.“ Ihre Mutter, die vor kurzem 101 Jahre alt geworden ist, sei vom Tod ihrer Tochter informiert worden, hieß es kühl vom Buckingham Palace. Thronfolger Prinz Charles wandte sich aber in einem ungewöhnlichen Schritt über das Fernsehen direkt an die Nation und gedachte seiner verstorbenen Tante.

Margaret war nie die Rebellin, als die sie dargestellt wird. Als ihre Neffen, die Kinder der Königin, immer mehr die königlichen Etikette missachteten, sagte Margaret zu Sarah Ferguson, der Frau ihres Neffen Andrew: „Offenbar hast du nie den Schaden in Betracht gezogen, den du uns verursachst. Du hast mehr Schande über unsere Familie gebracht, als man sich vorstellen kann.“

Eine Vertraute sagte über Margaret: „Die einzige Konstante in dem so furchtbar mittelmäßigen Leben von Prinzessin Margaret sind die Krankheiten, die Privilegien und die Unmengen von Alkohol. Sie ist der Beweis, dass wir am Ende so aussehen, wie wir es verdienen. Es gibt keine Anzeichen von Weisheit, Zufriedenheit, Bescheidenheit oder Großzügigkeit in ihrem Gesicht. Sie sieht genauso aus, wie sie ist: eine bittere, unglückliche, egoistische alte Frau.“ RALF SOTSCHECK

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