: „Botschafter aus dem Süden“
20 bayrische PolizistInnen tun seit gestern in Hamburg Dienst für vier Wochen ■ Von Peter Ahrens
Der Himmel ist grau, nicht weiß-blau. Nicht unbedingt die adäquate Begrüßung für die 14 Männer und sechs Frauen, die etwas eingeschüchtert in ihren Uniformen des Freistaates dem versammelten Medientross ausgeliefert sind. „Sie sind endlich da“, strahlt Polizeisprecher Reinhard Fallak, und Innensenator Ronald Schill spricht von einem „großen Gewinn“ und „Botschaftern aus dem Süden“. In ihrer Rolle als Lichtgestalten fühlen sich die 20 bayrischen Polizis-tInnen, die gestern in Hamburg eingetroffen sind und hier vier Wochen Dienst tun sollen, sichtlich unwohl: „In diesen vier Wochen wird nicht viel passieren“, hängt der 26jährige Andreas Ziereis als einer der 20 die Messlatte tiefer, die Polizeiarbeit habe man schließlich auch in Bayern nicht erfunden.
In den ganz normalen Dienst sollen die 20 eingebunden werden, kündigte Polizeipräsident Udo Nagel, der dem Kontingent immerhin vier Wochen Hamburg-Erfahrung voraus hat, an. Dazu wurden sie gestern den fünf Hamburger Einsatzzügen zugeteilt. Nagel wie auch Schill beeilten sich, dem Eindruck zu begegnen, es handele sich hierbei um eine „Vergnügungsreise“, wie die bayrische Polizeigewerkschaft gehöhnt hatte. „Dies ist keine Urlaubsveranstaltung für irgend jemanden“, sagt Nagel: „Die Kollegen sind zum Arbeiten da.“ Und Schill betonte: „Es gibt viel zu tun, packen wirs gemeinsam an.“
Der Innensenator hatte ohnehin für die Neuzugänge aus dem Süden wertvolle Tipps parat, bevor er sich anschließend selbst gen München begab, um seinen Schopf zu lichten. „Einiges hier wird sie womöglich abstoßen“, warnte er die Bayern, „sich allein ohne Unterstützung Ihrer Hamburger Kollegen zu betätigen.“ Zudem machte er sie darauf aufmerksam, dass „Sie eventuell manchmal auf abweichendes Vokabular“ stoßen dürften, beruhigte jedoch: „Auch in Hamburg gilt das Strafgesetzbuch.“ Auf der Anfahrt im Bus von München nach Hamburg haben die Gäste bereits einen Crash-Kurs in die Hamburger Verhältnisse bekommen, „allein deshalb war es uns so wichtig, die Leute direkt aus Bayern abzuholen“, sagt der Leiter der Einsatzdirektion, Richard Peters.
11 der 20 BeamtInnen stammen aus München, die übrigen kommen aus ganz Bayern von Kempten bis Straubing. Die Verstärkung sei allerdings nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Nagel in seiner Begrüßung und wird von Schill anschließend gleich geschurigelt. „Sie sind mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein“, düpiert der Senator seinen obersten Polizisten und stellt sich danach zum gemeinsamen Fototermin. Als ihm dabei sein Namensschild herunterfällt, kommentiert er bissig in Richtung Medien: „Schill am Boden – da, wo ihr ihn immer haben wollt.“
Die 20 Bayern haben andere Sorgen, als sich den Kopf um das Wohl des Senators zu zerbrechen. Einer hat für die vier Wochen vor allem einen Wunsch: „Einmal beim St.Pauli-Fußballspiel eingeteilt zu werden, das wäre was.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen