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Sparpolitik nach dem Sankt-Florians-Prinzip

Finanzminister Eichel will den Bundeshaushalt bis 2006 ausgleichen. Gespart werden soll jedoch auf Kosten von Ländern und Gemeinden

BERLIN taz ■ Die Bedenken der EU-Kommission konnte der Finanzminister entkräften: Bis 2004 will Hans Eichel (SPD) einen „nahezu ausgeglichenen Haushalt“ vorlegen, wie er gestern in Brüssel beteuerte. Die Sorgen der Bundesländer und Kommunen hingegen bleiben bestehen. Denn vor allem sie sollen von 2004 an keine neuen Schulden mehr machen. Der Bund selbst hat sich dieses Ziel erst für 2006 vorgenommen. Bis dahin will er auch die Kassen der Sozialversicherungen in Ordnung gebracht haben, die zum Gesamthaushalt zählen.

Eichel schiebt das Gejammer auf Landesebene beiseite. Einige Länder schlügen „über den Zapfen“, was die Ausgaben angehe, findet der Finanzminister, vor allem bei den Personalkosten in der Verwaltung. Problematisch sei, „dass es keinen Sanktionsmechanismus gibt“, wenn sich die Städte und Kommunen nicht an die versprochenen Sparziele hielten, sagte ein Sprecher des Ministers gestern der taz. Ab 2005 soll es deshalb einen nationalen Stabilitätspakt geben, der die Bundesländer zur Disziplin zwingt.

In Landesregierungen und Stadtverwaltungen sieht man die Sache anders: „Wir müssen darauf achten, dass der Bund sich nicht auf Kosten der Städte und Kommunen saniert“, warnt etwa Ulrich Mohn, Finanzreferent des Städte- und Gemeindebunds. Haushaltsdefizite, die innerhalb von zwei Jahren auf null sinken sollen? „Das geht nur, wenn bis dahin die Einnahmen zwischen Bund, Ländern und Kommunen neu verteilt werden“, meint Mohn.

Auch der Steuerexperte des Münchner Ifo-Instituts, Rüdiger Parsche, kritisiert die Bundespolitik: „Es hat Gesetze gegeben, die die Lasten vom Bund weggeschoben haben“, sagte er der taz. Ausgaben werden an Länder und Kommunen weitergegeben, sinkende Einnahmen so gelenkt, dass sie in Ländern, Städten und Gemeinden zu Buche schlagen – und nicht in Berlin.

Beispiel Steuerreform: Bisher mussten Unternehmen für ihre zurückgestellten Gewinne 45 Prozent Steuern zahlen. Jetzt werden nur noch 25 Prozent fällig, wenn diese Gewinne ausgeschüttet werden. Die Differenz von 20 Prozent tragen die Länder. Absurd: Einigen Firmen ist dieses Jahr Geld zurückerstattet worden, statt dass sie Steuern hätten zahlen müssen. Die Telekom etwa zahlte ihren Aktionären höhere Dividenden aus den zurückgestellten Gewinnen aus – und Eichel belohnte sie mit einer Steuerrückzahlung von 1,4 Milliarden Euro. Auch die Neuregelung, dass die Gewerbesteuer mit der Einkommenssteuer verrechnet wird, treffe die Kommunen, meint Mohn: „Da sind 2001 gut elf Prozent der Einnahmen weggebrochen.“

Beispiel UMTS-Milliarden: Die Einnahmen aus der Versteigerung der Mobilfunklizenzen, satte 50 Milliarden Euro, flossen Herrn Eichel zu. Seine Länderkollegen hingegen hatten mit Steuerausfällen zu kämpfen, weil die Bieterfirmen ihre Verluste abschrieben – und daher weniger Steuern zahlen mussten. Über einen Zeitraum von mehreren Jahren hinweg kommen so Steuerausfälle von 25 Milliarden Euro zusammen.

An der Problemverlagerungstaktik scheiterte vorletzte Woche auch die Autobahnmaut im Bundesrat. Die Länder verweigerten ihre Zustimmung. Ihre Befürchtung: Eichel will die Einnahmen aus der Lkw-Gebühr in seinen Haushalt einstellen. Um die aufgebrachten Spediteure zu beschwichtigen, will er im Gegenzug einen Nachlass bei der Kfz-Steuer gewähren. Doch die wird in den Landeshaushalten verbucht. Zu ihrem Leidwesen können die Landespolitiker die Steuerhöhe nicht beeinflussen, das geschieht in Berlin. Parsche: „Wer beschließt, sollte auch zahlen – diese Regel wird viel zu oft verletzt.“

Aus dem gleichem Grund protestiert der Städte- und Gemeindetag gegen den Plan der Bundesregierung, die Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammenzulegen. Die Kommunalpolitiker fürchten, die Unterstützung könne dann ausschließlich auf ihre Kosten gehen, während der Bund sich aus der Hilfe für die Arbeitslosen verabschiedet. Bislang sind die Kommunen lediglich für die Sozialhilfe zuständig.

Eichel habe beim Sparen zu sehr die Bundesebene im Blick, kritisiert Parsche. Dabei sei die kommunale Ebene die einzig reale: Hier finden die Kürzungen statt, die die Menschen wirklich spüren, etwa wenn der Stadt Berlin die fünf Millionen Euro jährlich, die in den Bau von Fahrradwegen fließen sollten, nun schlichtweg fehlen. „Deshalb ist es falsch zu glauben, es gibt eine reiche, ausgegeglichene Bundesebene und arme Kommunen.“ KATHARINA KOUFEN

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