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The catcher in the RAI

Die Spitze des einzigen staatlichen italienischen Fernsehsensenders RAI wird derzeit neu ausgekungelt. Und der Regierungschef und Medienmogul Silvio Berlusconi möchte dabei kräftig mitmischen, um sein Machtimperium noch weiter auszubauen

aus Rom MICHAEL BRAUN

Agostino Saccà, Wellenchef von RAI 1, war voll des Lobes. Toll gemacht sei die Nachrichtensendung, ein Vorbild für alle anderen. Allerdings sprach Herr Saccà gar nicht vom Produkt seines Hauses, dem „Telegiornale 1“; seine Hymnen galten der Konkurrenz vom Berlusconi-Sender Canale 5. Für die eigenen Leute hatte Saccà dagegen nur einen Tipp parat: Sie sollten sich ein Beispiel an der Konkurrenz nehmen.

Gewöhnlich gingen solche unfreundlichen Töne über das eigene Haus als geschäftsschädigend durch. Und normalerweise müsste ein Herr Saccà ernsthaft um seinen Stuhl fürchten. Bevor er RAI schlecht redete, hatte er nämlich mit Taten dafür gesorgt, dass die Berlusconi-Konkurrenz seit Januar bei den 20-Uhr-Nachrichten mit der RAI fast gleichziehen konnte: Er selbst hatte eine äußerst beliebte Quizshow direkt vor den Primetime-Nachrichten aus dem Programm gekegelt und durch ein ödes Klatschmagazin ersetzt.

In Italien aber gilt ein solches Verhalten zur Zeit als Selbstempfehlung für höhere Aufgaben. Dieser Tage nämlich wird die neue RAI-Spitze ausgekungelt – und das letzte Wort hat Regierungschef Silvio Berlusconi. Formal obliegt die Berufung des RAI-Präsidenten und der vier weiteren Mitglieder des Verwaltungsrates den Präsidenten von Abgeordnetenhaus und Senat, zwei Politikern der Regierungsmehrheit also. Faktisch aber sind es der Ministerpräsident (und Mehrheitseigner des privaten RAI-Konkurrenten Mediaset) sowie die Chefs seiner Koalitionsparteien, die derzeit an komplizierten Personaltableaus stricken. Denn nicht nur die politische Spitze des Staatssenders wird ausgetauscht; auch alle anderen zentralen Positionen – die Wellenchefs und die Chefredakteure der Nachrichtensendungen in TV und Radio ebenso wie die für Produktion, Etat, Werbeeinnahmen zuständigen Manager – stehen zur Disposition. Das macht Appetit, geht es doch um die politische wie auch um die kommerzielle Zukunft des italienischen Fernsehens. Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi hielt es deshalb für geraten, mahnend in die Diskussion einzugreifen; er forderte die Bewahrung des Meinungspluralismus genauso wie die Verteidigung eines starken öffentlichen Fernsehens. Daraufhin polterte der Regierungschef los: Jetzt sei Schluss mit einer RAI, die noch im letzten Wahlkampf als „Keule“ gegen ihn missbraucht worden sei und die ihm damals binnen weniger Wochen einen Popularitätseinbruch von 64 auf 47 Prozent beschert habe. Welche Programme missfallen und mit baldiger Einstellung rechnen dürfen, sagen Berlusconis Leute gleich hinterher. Oben auf der Liste steht das Magazin des alten Starjournalisten Enzo Biagi; der Mann hatte es sich erlaubt, während des Wahlkampfs auch Roberto Benigni mit Berlusconi-feindlichen Tönen zu Wort kommen zu lassen. Damit wäre kaum noch zu rechnen, wenn der zurzeit als heißer Favorit für den Präsidentenstuhl gehandelte Carlo Rossella das Rennen machen sollte; Rossella ist als Chef von Panorama, der auflagenstärksten politischen Wochenzeitschrift Italiens, Angestellter des Berlusconi-Verlags Mondadori.

„Pluralismus“ wird natürlich weiterhin in der RAI herrschen; dafür sorgen schon Berlusconis Koalitionspartner. So beschwerte sich Informationsminister Maurizio Gasparri von den Postfaschisten der Alleanza Nazionale, dass in „50 Jahren linker Dominanz“ die „rechte Kultur“ des Landes nie gebührend gewürdigt worden sei. Und Lega-Nord-Boss Umberto Bossi meckert, bisher fehle die „föderalistische Kultur“ im Sender. So sind nicht nur Ansprüche im Verwaltungsrat angemeldet (andernfalls droht Bossi mit einem Bruch der Rechtsallianz bei den anstehenden Kommunalwahlen). Auch die Redaktionen rücken ins Visier – als Chef des Regionalprogramms der Lombardei sähe Bossi gern einen Redakteur seines Partei-Hetzblattes La Padania. Die Linksopposition dagegen darf höchstens darauf hoffen, auf RAI 2 oder RAI 3 die Nachrichtensendung überlassen zu bekommen.

Aber auch kommerziell ist die Eroberung der RAI für Berlusconi nicht ohne Reiz. Im letzten Jahr büßte die RAI etwa 100 Millionen Euro Werbeeinnahmen ein. Statt hässlicher Konkurrenz um Werbegelder, Stars und Formate einvernehmliches Sparen im De-Facto-Monopol RAI-Mediaset – von dieser Zukunft muss Berlusconi nicht mehr nur träumen. Ein RAI-Manager wie Agostino Saccà, der freiwillig erfolgreiche Programme einstellt, hat gute Chancen, als Generaldirektor die Nummer zwei im Staatssender zu werden.

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