Haider und Saddam privatissime

Die Irak-Reise des Kärntner Landeshauptmanns sorgt in Österreichs Regierung, aber auch in Washington für Aufregung. In Wien will niemand den „Privatbesuch“ kommentieren. Derweil geriert sich Haider als Vorreiter einer EU-Nahostpolitik

aus Wien RALF LEONHARD

Was treibt Haider in Bagdad? Diese Frage sorgte ausgerechnet am Faschingsdienstag von Villach bis Wien für Aufregung. Während Bundeskanzler Wolfgang Schüssel „Privatreisen von Politikern nicht kommentieren“ wollte, feierte Saddam Hussein den Besuch als Vorstoß der Europäischen Union gegen die internationale Isolierung des Irak.

Haider habe „die Solidarität des österreichischen Volkes mit dem Irak und seiner weisen Führung“ bekundet, meldete das irakische Fernsehen. Der Kärntner Landeshauptmann wurde von Diktator Saddam Hussein höchstselbst mit den Ehren eines Staatsgasts empfangen. Großer Bahnhof für einen Privatbesuch, der einzig humanitären Charakter hatte und der „Übergabe von Medikamenten und Blutkonserven an die Not leidende Bevölkerung“ diente, wie Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer versicherte. Die nominelle FPÖ-Chefin, die als Sportministerin in Salt Lake City weilte, konnte der österreichischen Medaillen nicht froh werden. Denn sie hatte Termine bei hochrangigen Funktionären in Washington vorgesehen. Dort ist man aber vom harmlosen Charakter der Haider-Reise nicht überzeugt. „Unangebracht und kontraproduktiv“ findet sie das State Department.

Verärgert sind nicht nur die Mannen von George Bush, der den Iran als gefährlichsten Teil einer „Achse des Bösen“ entlarvt hat. Auch der Koalitionspartner ÖVP schäumt vor Entrüstung. Die außenpolitische Provokation, die an der ganzen Bundesregierung hängen bleibt, wurde zunächst heruntergespielt. Der einzige Spitzenpolitiker der ÖVP, der sich ein Statement entlocken ließ, war Innenminister Ernst Strasser: „Was der Herr Landeshauptmann von Kärnten privat am Faschingsdienstag macht, kommentiere ich nicht.“

Nach Haiders Pressekonferenz am Aschermittwoch in Klagenfurt wird die These vom privaten Ausflug ins Zweistromland nur noch schwer zu halten sein. Denn der Ehrengast von Saddam Hussein sieht seine Mission als antiimperialistischen Vorstoß: „In diesem Fall bin ich erstmals in meinem Leben auch einer Meinung mit dem deutschen Außenminister Fischer: Man kann nicht mit unbewiesenen Behauptungen irgendwelche Staaten als böse hinstellen, um einen Vorwand für rüstungspolitische Initiativen zu haben.“

Haider sieht sich als Vorreiter einer eigenen EU-Nahostpolitik: „Die Amerikaner freuen sich nicht, wenn die Europäer eigenständig den Dialog pflegen mit den arabischen Ländern. Aber das wird wohl noch gestattet sein.“ Damit er nicht wieder falsch verstanden werde, versicherte er den USA, dass „wir in hohem Maß solidarisch sind mit ihnen, aber das keine Blankoermächtigung sein kann, alte Rechnungen zu begleichen.“

Für Grünen-Chef Alexander Van der Bellen ist Haider „vollkommen durchgeknallt“. Das beweise sein Besuch „bei Saddam Hussein, der Giftgas gegen die eigene Bevölkerung einsetzte“. Sein Appell an Schüssel: „Wenn die Regierung versucht, das als Privatbesuch darzustellen, liegt es an ihr, dafür zu sorgen, dass Haider zur Privatperson wird.“