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Auch Nikoläuse zählen als Jobvermittlung

Weitere Vorwürfe gegen Arbeitsämter: Erfolgszahlen werden unter anderem auch mit Saisonarbeitern gesteigert

BERLIN taz ■ In der Affäre um geschönte Statistiken der Arbeitsämter wurden gestern neue Vorwürde an die Bundesanstalt für Arbeit (BA) laut. Das Magazin Stern schilderte in Einzelheiten, wie die Vermittlungszahlen in den Arbeitsämtern in die Höhe getrieben würden.

Ein BA-Mitarbeiter berichtete dem Magazin, dass sich manche Vermittler Stellenangebote über die örtlichen Tageszeitungen besorgten. Diese würden dann nach Rücksprache mit den Betrieben in das Computersystem des Arbeitsamtes eingespeist. Werde die Stelle besetzt, auch mit Bewerbern über das Zeitungsinserat, konstruiere das Arbeitsamt eine „Vermittlung“.

Das Magazin berichtete weiterhin, dass auch Saisonarbeiter, meist aus Osteuropa, als Vermittlungen gezählt würden, obwohl diese über die Arbeitgeber kommen und über das Arbeitsamt nur eine Erlaubnis erhalten müssen. Auch jeder beim Arbeitsamt als Nikolaus bestellte Student würde als erfolgreiche Vermittlung geführt.

Die Erfolgszahlen bei den Berufsberatungen würden ebenfalls mancherorts manipuliert, hieß es in dem Magazin weiter. Ein BA-Mitarbeiter berichtete, manche Berater kämen beispielsweise in Schulklassen, um über Berufe zu informieren. Hinterher ließen sie aber zusätzlich „Individualberatungen“ mit einzelnen Schülern konstruieren.

Die Arbeitgeber legten gestern einen umfangreichen Forderungskatalog zur Reform der BA vor. Darin wird eine verstärkte Einschaltung von externen Prüfern gefordert, um die Validität der Daten sicherzustellen. Die Arbeitgeber fordern eine verstärkte Einschaltung privater Jobvermittler. Heute tagt der Vorstand der Bundesanstalt für Arbeit in Berlin, um über notwendige Reformen zu sprechen. Morgen wird sich BA-Präsident Bernhard Jagoda mit Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) treffen. BD

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