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Iranisches Puzzle oder deutsche Kleinfamilie

„Wir sind nicht alle gleich, aber gleich viel wert“ ist die Devise im „Kinderhaus“ am Buntentor

„Kodakistan ist persisch und heißt Kinderhaus“, erklärt Zahra Azad. Die Iranerin arbeitet als Erzieherin bei Kodakistan. Der „Verein zur Förderung der interkulturellen Erziehung“ unterhält das Haus am Buntentorsteinweg.

In den drei Gruppen - vom Krabbelalter bis zum Hort - spielen insgesamt 38 Kinder, deren Eltern aus Kuba, Nigeria, der Türkei, den Niederlanden, Italien, dem Iran, Marokko, Schweden oder Deutschland kommen. Die Erzieherin Azad berichtet, im vergangenen Jahr hätte sie mit ihrer Gruppe eine „Weltreise“ gemacht. Der Iran war zuerst Thema: Sie hätte mit Kindern und Eltern Nurus, das persische Neujahrsfest gefeiert, die zugehörigen Speisen gekocht, persische Musik gehört und getanzt. Als sie Afrika kennen lernen wollten, sei ein Mann aus dem Überseemuseum gekommen, hätte Trommeln mitgebracht, afrikanische Geschichten erzählt und afrikanische Masken präsentiert. Azad erzählt weiter, dass sie vom Kinderhaus aus auch Hausbesuche machen, um kennenzulernen, wie die unterschiedlichen Kinder wohnen.

Die meisten „Kodakistanis“ wachsen zweisprachig auf, die Grundsprache in der Einrichtung ist aber Deutsch. Im Alltag stößt interkulturelle Erziehung auf viele Hindernisse. Zum einen ist sie abhängig vom schwankenden Engagement der Eltern.

Vor allem aber bereiten Spielsachen und Bücher, mit denen die Kinder sich beschäftigen, Schwierigkeiten bei der interkulturellen Erziehung. Die verdienen nämlich die Bezeichnung „monokulturell“: Neben den gängigen deutschen Kinderbüchern mit der dominierenden weißen Heile-Welt-Familie - Papa, Mama und ein oder zwei Kinder - seien andere Materialien nur schwer zu bekommen. Aber: „Die wenigsten Kinder kommen heutzutage aus so einer Familie“, so die Leiterin der Einrichtung, Meike Rasch. Zwar wisse sie, in welchen Fachverlagen sie die gesuchten Bücher bekäme. „Aber im normalen Laden gibt es solche Bücher nicht einfach zu kaufen“, berichtet Rasch.

Die 1989 von den Kodakistan-GründerInnen geplante „Kulturothek“ ist nie entstanden. Darin sollte „Spielmaterial jeglicher Art und Herkunft“ gesammelt und sowohl im eigenen Haus genutzt, als auch anderen zur Verfügung gestellt werden. Die Sammlung von Spielen, Büchern und Puzzeln aus dem Iran und Afrika stamme vor allem aus privaten Beständen, erzählt Rasch.

Betreut werden die Kinder von ErzieherInnen aus Deutschland, Afghanistan, Lettland oder dem Iran. In dieser Frage ist Kodakistan seinem Konzept treu geblieben. Aber die Ausbildung, die Erzieherinnen aus Lettland oder dem Iran mitbringen, wird nicht automatisch vom Bildungsressort anerkannt. Ulrike Bendrat

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