: Mehr Rechtsschutz gegen Abschiebehaft
Karlsruhe gibt Klage von drei abgelehnten Asylbewerbern statt. Prüfung der Abschiebehaft auch nachträglich möglich
FREIBURG taz ■ Das Bundesverfassungsgericht hat den Rechtsschutz gegen Abschiebehaft verbessert. Künftig müssen Gerichte auch dann die Rechtmäßigkeit von Abschiebehaft überprüfen, wenn diese bereits beendet ist. Die Karlsruher Richter gaben in einem gestern bekannt gemachten Beschluss den Verfassungsbeschwerden von drei abgelehnten Asylbewerbern statt. Einer der Asylbewerber war zum Zeitpunkt der Klage bereits abgeschoben worden, die beiden anderen hatte man inzwischen aus der Haft entlassen. Deshalb urteilten die Oberlandesgerichte in Köln, Hamm und Bremen übereinstimmend: Es könne jetzt nicht mehr überprüft werden, ob die Abschiebehaft überhaupt zulässig war, denn nach Ende der Haft sei das „Rechtsschutzinteresse“ entfallen.
Dieser Praxis hat Karlsruhe nun einen Riegel vorgeschoben. Die Inhaftierung einer Person sei ein „schwerwiegender Eingriff“ in das „besonders hochrangige Grundrecht“ der Freiheit der Person. Außerdem habe eine Inhaftierung in der öffentlichen Wahrnehmung immer auch eine diskriminierende Wirkung – obwohl es bei der Abschiebehaft nur um die Sicherung der Ausreise gehe. Die Oberlandesgerichte müssen nun in der Sache entscheiden, hierzu machte Karlsruhe keine Vorgaben.
Die rechtliche Überprüfung von Abschiebehaft ist in der Praxis ziemlich relevant. Teilweise werden Ausländer monatelang in Haft gehalten, obwohl klar ist, dass eine Abschiebung in das betreffende Land faktisch undurchführbar ist. Erst 2001 hatte Karlsruhe an den „Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“ erinnert. Der jetzt verbesserte Rechtsschutz wird mehr klärende Urteile zur Folge haben.
Die Gerichte sind schon deshalb gefordert, weil Rot-Grün laut Koalitionsvereinbarung zwar die „Dauer der Abschiebehaft“ überprüfen wollte, politisch aber nichts passiert ist. CHRISTIAN RATH
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen