Bunker-Mordprozess wird wieder aufgerollt

■ Bundesgerichtshof hob Totschlags-Urteil des Landgerichts auf: Tötungsmotiv von drei Kurden aus dem PKK-Umfeld an jungem Paar muss neu bewertet werden

Der Prozess gegen drei Kurden, die Ayse Dizim (25) und ihren Mann Serif Alpsozman (25) vor zweieinhalb Jahren in Bremen brutal umgebracht haben, muss nach einem jüngsten Urteil des Bundesgerichtshofs teilweise neu aufgerollt werden. Der Bundesgerichtshof rügte die Entscheidung des Bremer Landgerichts, das drei Haupttäter wegen Totschlags und nicht wegen Mordes verurteilt hat.

Zur Erinnerung: Das Liebespaar Dizim-Alpsozman lebte gegen den Willen von Ayses Familie und gegen die Regeln der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) zusammen. Im August 1999 brachten drei Männer aus dem PKK-Milieu die beiden am Bunker Valentin um. Von einer Hinrichtung mit abschreckender Wirkung war in Bremen damals die Rede: Die junge Frau war im Weserschlick erstickt worden, bevor einer der Täter ihren querschnittsgelähmten Mann mehrmals mit dem Auto überfuhr. Der Verletzte erlag seinen schweren Verletzungen Stunden später.

Dass das Bremer Landgericht die drei Haupttäter dennoch nur wegen Totschlags zu 15 und 13 Jahren Haft verurteilte, rügte jetzt der in Leipzig ansässige Fünfte Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH). Er gab damit dem Revisionsantrag der Staatsanwaltschaft statt, die auf Mord aus niedrigen Beweggründen plädiert hatte.

Zugleich bezeichnete der Bundesgerichtshof die Wertung des Bremer Landgerichts als „unvollständig und rechtsfehlerhaft“, weil es den Tätern niedrige Beweggründe nicht anlastete, da diese dem Ehrenkodex ihrer Kultur gefolgt seien. Der Bundesgerichtshof befand dagegen, die drei Männer hätten „einen hochgradig verwerflichen Tötungsbefehl“ ausgeführt, „ohne dass ihnen für den Fall der Verweigerung, verglichen mit dem furchtbaren Tatgeschehen, auch nur annähernd gleichermaßen schlimme Konsequenzen gedroht hätten“ (Aktenzeichen: BGH 5 StR 538/01). Das Tatmotiv der Männer müsse anders bewertet werden, als es das Landgericht in seinem Urteil vom April 2001 tat.

Das Bremer Gericht hatte nach acht Monaten Verhandlung geurteilt, die Haupttäter seien zwar „mitleid- und skrupellos“ vorgegangen – „nahe am Handeln aus niedrigen Beweggründen.“ Doch hätten sie der PKK, die ihnen „sektenhaften Schutz“ bot, nach ihren Ehrvorstellungen Gegenleistungen geschuldet und soziale Ausgrenzung fürchten müssen, falls sie den Tötungsbefehl lokaler PKK-Kader nicht befolgt hätten.

Wann die künftig zuständige Strafkammer fünf am Landgericht den Fall jetzt in Angriff nimmt, ist noch unklar. „Wir haben das Urteil noch nicht“, so die Sprecherin des Bremer Landgerichts, Barbara Lätzel. Nach ersten Mitteilungen des Bundesgerichtshofs gelten wesentliche Feststellungen, die die bisher zuständige zweite Schwurgerichtskammer getroffen hatte, als richtig. Dies betrifft den Ablauf der Tat, den Tötungsvorsatz der drei Haupttäter sowie deren gemeinschaftliche Tatbegehung.

Die Revisionsanträge der Verteidiger der drei Kurden hat der Bundesgerichtshof verworfen. Sie hatten geltend gemacht, ihre Mandanten hätten unter Zwang gehandelt. Von dem Urteil nicht betroffen ist der Fall eines vierten, wegen Beihilfe zu neuneinhalb Jahren verurteilten Mannes. ede