: Großer Bademeister Böger
Sportsenator Klaus Böger (SPD) will die Berliner Bäder privat betreiben lassen. Nur die Infrastruktur bliebe in öffentlicher Regie. Preiserhöhungen fürs Badevergnügen sind damit wahrscheinlich
von WALTRAUD SCHWAB
Einerseits gibt es die „Frage nach den Visionen“ der Berlin regierenden Politiker. Anderseits die real existierende Politik der Senatoren. Wie die von Sportsenator Klaus Böger (SPD) zur Entwicklung der Berliner Bäderlandschaft. Da liegt Zündstoff.
Dass es bei der Schließung der bisher genannten 12 Bäder vermutlich nicht bleibt, hat sich herumgesprochen. Nun will Böger auch alle Naturbäder, mit Ausnahme des Strandbades Wannsee, an private Pächter vergeben. Die Ausschreibungen sind bereits unterwegs. Für alle anderen Frei-, Hallen- und Kombibäder soll außerdem gelten, dass die öffentliche Hand den Betrieb privatisiert und nur noch für die Infrastrukturleistungen zuständig wäre. Die Preisgestaltung der privatisierten Bäder wird sich am Markt orientieren. Preissteigerungen sind wahrscheinlich.
Damit einher ginge auch eine Neuorganisation der Berliner Bäder-Betriebe (BBB) in einer Infrastruktur GmbH. Bei den BBB, die in der Funktion etwa einer Personalagentur weiterbestehen sollen, verblieben die nicht von den Pächtern übernommenen Angestellten, die von den BBB neuen Beschäftigungen zugeführt werden müssten. Am Ende müssten sich die BBB dann selbst auflösen.
Was der Senator bisher als seine Vorstellungen ausgibt, sind nach Aussage von BBB-Chef Klaus Lipinski im Grunde die Konsolidierungsideen, die die Bädergesellschaft selbst vorgelegt hat. Alle Alternativen würden auf die Schließung von weiteren Bädern hinauslaufen.
Die Bäderbetriebe, deren Aufsichtsratsvorsitzender Klaus Böger ist, zeichneten sich in der Vergangenheit durch Missmanagement aus. Dies führte im Herbst 2000 zur Entlassung des Vorstands. Die BBB, eine Anstalt öffentlichen Rechts, sei aber auch politisch an die Wand gefahren worden, heißt es in den Bezirken. Der bei ihrer Gründung errechnete Zuschussbedarf wurde pro Jahr im Durchschnitt um etwa 20 Prozent unterschritten. Gespart wurde vor allem an der Unterhaltung der Bäder. Entsprechend marode sind heute etliche von ihnen.
Das eigentliche Politikum ist, dass die Bereitstellung und der Betrieb von Schwimmbädern nicht mehr als öffentliche, steuerlich mitfinanzierte Dienstleistung betrachtet werden. Dies in einer Stadt, in der die Einkommensschere immer weiter auseinander klappt und in der viele Bewohner ihren Urlaub aus finanziellen Gründen im Freibad verbringen.
„Manchmal komme ich mir selbst schon wie ein Bademeister vor“, klagt der Sportsenator. Die Rolle passt, ist doch bekannt, dass Bademeister in der Regel ein zwiespältiges Verhältnis zu den Schwimbadbesuchern und -besucherinnen haben. Meist sind sie gestresst, meist scharf im Ton und immer gegen die, die von der Seite springen. Eigentlich liegt die Vermutung nahe, dass es ihnen am liebsten wäre, wenn einfach niemand mehr baden ginge.
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