: Pestizide nicht pauschal
■ Altes Land: Obstbauern drohen verschärfte Pflanzenschutz-Kontrollen
Die Obstbauern im Alten Land müssen sich jetzt auf verstärkte Stichproben beim Spritzen von Pflanzenschutzmitteln einstellen. Das kündigte Hans-Dieter Rosinke vom niedersächsischen Landwirtschaftsministerium an. Nur so könnten aufgedeckte Schwachstellen beseitigt werden. Rosinke zählte dazu den Einsatz verbotener Unkrautvernichter, mangelnde Buchführung und zu geringer Abstand zu Wassergräben.
Über diese und andere Verstöße hatte die taz am Donnerstag unter Berufung auf Unterlagen aus dem Pflanzenschutzamt Hannover und dem Umweltbundesamt berichtet. Danach seien in Deutschlands größtem Obstanbaugebiet illegal Pestizide eingesetzt worden. Viele Erzeuger würden die Mindestabstände zu Wassergräben nicht einhalten, aus breit sprühenden Düsen veralteter Bauart spritzen und nicht korrekt Buch führen über ihre Gifteinsätze.
Bei Rückständen in Wasserproben stellten die Hannoveraner Kontrolleure Überschreitungen bis zum Hundertfachen des Grenzwertes fest. Die verbotenen Chemikalien stehen im Verdacht, Krebs zu erzeugen. Seitdem tobt im Alten Land ein Streit über die Frage, ob illegale Unkrautvernichter „massenhaft und flächendeckend“ eingesetzt wurden oder ob es sich nur um Einzelfälle handelt, die ein ganzes Gebiet jetzt in Verruf bringen. Rosinke stellt sich schützend vor die Bauern: „Man darf hier nicht pauschal verurteilen.“
„Diese Vorwürfe sind ungeheuerlich, gefährden die Existenz eines ganzen Berufsstandes und sind wissenschaftlich fragwürdig“, erklärt der Leiter des Obstbauberatungszentrums in Jork (Kreis Stade), Karl-Heinz Tiemann: „Wir halten uns an die Gesetze, und unser Obst ist unbelastet.“ Rückstände seien nicht zu erwarten.
Strittig ist laut Tiemann noch der Abstand zu überwiegend trockenen Gräben, die nur sechs Wochen im Jahr für den Frostschutz Wasser führten. Er bemühe sich im Übergangsfristen, damit die Anlagen umgestellt werden könnten: „Sonst müssen bis zu 50 Prozent aller Bäume sofort gerodet werden, was das Ende des Obstbaus im Alten Land bedeuten würde.“ lno
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