schnittplatz
: Marlboro Light

Olympia war wunderbar. Jetzt haben wir ein neues Verhältnis zu den USA, zu Anni Friesingers Brüsten und vielleicht auch zur Zigarettenwerbung im deutschen Fernsehen – die eigentlich seit Jahren verboten ist. Doch: War das nun der Marlboro-Man, der da plötzlich für eine halbe Minute auf den Bildschirmen auftauchte? Immer nach den ARD-Tagesthemen und den als „Sponsoren-Hinweise“ getarnten Werbungen für Bitburger Bier, den Obi-Markt und die Zeitung TV Movie. Zu sehen war ein freundlicher Cowboy, der lässig einen verschneiten Hang hinunterwedelte. Er traf ein paar andere Cowboys, gemeinsam setzten sie sich im Sonnenuntergang um ein Lagerfeuer. Das war’s. Weil das Ergebnis der Marlboro-Welt so verblüffend ähnlich sieht, ist man im ZDF heilfroh, nichts damit zu tun zu haben. „Das war die ARD“, heißt es aus Mainz, wo man sich schon während der Olympiade in Sydney der versteckten Werbung verdächtig machte: Damals sendete das ZDF einen aufwändigen, vollständig in der Regie von Adidas produzierten Mehrteiler in der werbefreien Zeit nach 20 Uhr. Heute legen auch einige Verantwortliche innerhalb der ARD großen Wert darauf, dass der Bayerische Rundfunk für den „Look alike“ des Marlboro-Man verantwortlich ist. BR-Sportchef Werner Rabe und das in München ansässige „ARD Design“ hatten die clevere Idee, einen Trailer zu produzieren, „der Amerika so zeigt, wie es in der Region um Salt Lake City wirklich ist“. Der Nichtraucher Werner Rabe setzt noch eins drauf: Die Ähnlichkeit zur Marlboro-Welt sei aus der Luft gegriffen. Und: „Es ist auf jeden Fall kein Geld an Marlboro geflossen.“ Beauftragt wurde die Agentur DCM in Wien, die schon kommerzielle Kurzfilme für Privatsender wie Viva und Premiere hergestellt hat. Immer mehr Werbe- und PR-Agenturen spezialisieren sich auf so genanntes „Brandcasting“. Das ist mehr als Schleichwerbung. Im Auftrag von Markenherstellern entstehen Filme, die ohne Kosten Fernsehstationen angeboten werden. Was sich da nun die ARD geleistet hat, ist noch unklar. Hat sie aus Naivität versteckt Werbung für Philip Morris gemacht? Oder war es Berechnung? Die Glaubwürdigkeit der Öffentlich-Rechtlichen steht auf dem Spiel, und das nicht zum ersten Mal. PETER LITTGER

Peter Littger leitet das „Zeit“-Medienressort