Big Brother Wirtschaft

■ Schul-Sponsoring: Firmen spendieren ein Baumhaus, Tischtennisplatten und Klettergerüste. Die Penne findet, da ist doch überhaupt nichts dabei

Für die Großen gab es Sekt, für die Kleinen Turngeräte. Das Schulzentrum an der Graubündener Straße erklärte sich am Montag offiziell zur wirtschaftlichen Zone. Anlass der Veranstaltung war das Projekt „Schule und Wirtschaft – gemeinsam geht es weiter!" Nur wohin? So richtig kritisch fragte das niemand in der Graubündener Straße.

Angefangen hatte alles mit dem harmlosen Entschluss, dass der Bewegungsarmut der Kinder und Jugendlichen entgegen gewirkt werden müsse. Während eines Projekttages im September 2001 wurden die SchülerInnen aufgefordert, Modelle für die Neugestaltung des Schulgeländes zu entwerfen. Klettergerüste, Spielfelder, Bänke, neue Tischtennisplatten und ein Baumhaus sollten es sein. Doch was tun, wenn Vater Staat kein Geld mehr zur Verfügung stellt, um seinen Zöglingen diese Wünsche zu erfüllen? Am Schulzentrum in der Graubündener Straße pfiff man undogmatisch auf das Dogma der unabhängigen staatlichen Schulausbildung und forderte Firmen zur finanziellen Unterstützung des Schulhofprojektes auf.

Diese ließen sich nicht zweimal bitten. Eine fast durchweg positive Resonanz habe sie erhalten, berichtet Jutta Bartels, die Initiatorin des Projektes. „Wir wussten gar nicht, dass Lehrer auch kommunikativ sind“, erklärte eine der angeschriebenen Firmen. Der Dialog zwischen Wirtschaft und Schule war damit eröffnet. Ergebnis: 35.000 Euro und sechs Sponsoren. Mit dabei sind auch eine Krankenkasse und ein Stromversorger. Ein Immobilienunternehmen aus Hannover spendete neue Turngeräte. Neben Sachleistungen importiert die Schule mittlerweile auch Knowhow. Die Gefahr einer Einflussnahme auf Lehrinhalte sieht Jutta Bartels hierdurch aber nicht gegeben. Stolz berichtet sie statt dessen, dass ein Mitarbeiter eines Verlages schon ganze Unterrichtseinheiten geleitet habe. Thema: „Wie werde ich ein Star?“

Auch eine Bank ist mit von der Partie. Sie schicke regelmäßig Auszubildende, die den SchülerInnen erklärten, wie wichtig Team- und Konfliktfähigkeit seien. Jutta Bartels findet das gut. Diese Form der Zusammenarbeit garantiere, dass „die Schule nicht mehr am eigentlichen Bedarf vorbei“ ausbilde. Und dies sei wichtig, „denn auch Schule ist ein Dienstleistungsunternehmen“ . Schule also nun im Dienste der Wirtschaft?

Was lange als Tabu galt, hält Schulleiter Wilfried Witte für richtig zukunftsträchtig: „Solange der Staat weiter die Grundversorgung sichert und die Drittmittel gerecht verteilt, habe ich bei der Kooperation mit der Wirtschaft keine Bedenken.“ Beatrice Kleinert